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Ungewöhnliches Sexualverhalten bei Macropodus opercularis

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(@merlins)
Eminent Member
Beigetreten: Vor 14 Jahren
Beiträge: 20
Themenstarter  

Hallo,

leider ist gegen Ende der Outdoorsaison mein schönes altes Macropodus op. Weibchen spurlos verschwunden.
Nachdem ich die übriggebliebenen 2 Männchen ("Wittwer" und geschlechtsreifer Sohn), 1 geschlechtsreifes Weibchen (Tochter des einen und Schwester des anderen Männchens), plus 19 noch sehr junge NW-Paradiesfische aus diesem Sommer ins Haus geholt habe, begann eine interessante homosexuelle Beziehung zwischen den beiden Männchen.
Die beiden haben über Wochen gemeinsam Schaumnester gebaut und gepflegt und haben sich mehrmals am Tag zärtlich unter ihren Schaumnestern umschlingt, genau so wie man es von gut harmonierenden heterosexuellen Pärchen kennt, nur unvergleichlich öfter, länger und eben ohne Ablaichen. Gelegentlich endete eine Umschlingung sogar mit einer Laichstarre-ähnlicher Pose.
Von Beckenmitbewohner und vor allem von dem jungen Weibchen haben sie all die Zeit keinerlei Notiz genommen.

https://www.youtube.com/watch?v=KuIOv1D3Pgg

Seit 2-3 Tagen wird die Liebesbeziehung meiner beiden Paradiesfischmännchen auf harter Probe gestellt.
Das arme junge, bis jetzt ignorierte Weibchen hat endgültig die Schnauze voll von dem täglichen Geturtel der beiden und will nicht mehr ausgeschlossen sein. Sie hat sich entschieden für ihr Recht auf Liebe zu kämpfen und zwar mit allen Mitteln. Sobald sich die beiden Männchen umschlingen, schiesst sie aus der Deckung und schiebt sich zielbewusst genau zwischen den beiden. Dabei schafft sie es immer öfter von den beiden Männchen umschlingt zu werden, sei es bewusst, sei es aus Versehen.

Das ältere Männchen findet diese Abwechslung offensichtlich gut, das jüngere Männchen ist sich noch nicht ganz sicher, ob er einen flotten Dreier, seiner bisherigen "treuen" Beziehung vorziehen sollte. Manchmal umschlingt auch er das Weibchen, manchmal versucht er sie aber zu vertreiben. Man merkt jedoch, wie er sich immer mehr mit der neuen Lage abfindet.

https://www.youtube.com/watch?v=Vcdt5kSQn-M

Dagegen ist so manches Fernsehprogramm richtig langweilig. :)

MfG
Dana


   
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(@constantin)
Honorable Member
Beigetreten: Vor 14 Jahren
Beiträge: 582
 

Hallo Dana!

Danke für deinen interessanten Beitrag und die Videos dazu!

Das Verhalten von Fischen ist eben immer für Überraschungen gut. Mich überraschen vor allem zwei Dinge:
1. Obwohl es beides Männchen sind, kriegen sie die typische Umschlingung hin.
2. Keines der beiden Männchen wirkt irgendwie weiblich, beide zeigen eine klar männliche Statur mit Flossenfilamenten und was sonst dazugehört.

Vielleicht sagen noch einige andere etwas hierzu.

Viele Grüße,
Constantin

IGL 049


   
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chidrup
(@chidrup)
Prominent Member
Beigetreten: Vor 12 Jahren
Beiträge: 765
 

Hallo Dana,

nach meiner Beobachtung sind die W der Paradiesfische keineswegs passiv. Sie haben sogar komplexere Verhaltensstrategien als die M. Ich nenne das gerne Intrigen.
Das junge W ist denke ich noch nicht reif und die M "üben" dafür miteinander. Es gibt natürlich echte Homosexualität bei Fischen. Wie das bei Dir weitergeht wird sich zeigen.
Bin gespannt auf die Fortsetzung!

Schöne Grüße

Chidrup Rolf Welsch IGL 288
"Die Wahrheit ist ein pfadloses Land" Jiddu Krishnamurti


   
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nichtdoch
(@nichtdoch)
Estimable Member
Beigetreten: Vor 11 Jahren
Beiträge: 110
 

Hallo Rolf,

Es gibt natürlich echte Homosexualität bei Fischen.

weiß nicht, ist wahrscheinlich eine Definitionssache was echte homosexualität ist. Ich hatte zwei Uaru Damen, die ausschließlich und 4-5mal pro Jahr miteinander abgelaicht hatten, nie mit Männchen. Auch nie mit anderen Weibchen.

Gruß, helmut


   
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(@merlins)
Eminent Member
Beigetreten: Vor 14 Jahren
Beiträge: 20
Themenstarter  

Hallo,
und ein frohes Neues Jahr! :sekt3:

@Constantin

Ich würde sagen die beiden Männchen waren "Manns" genug, bis sie zueinander gefunden haben. :)

Das dunkelblaue ältere Männchen hat bereits als Teenager eine ungewöhnlich feste und enge Paarbindung mit dem verschwundenen Weibchen angefangen. Die beiden sind bis zum Verschwinden des Weibchens immer im Tandem geschwommen, egal in welchem Becken und egal wieviele andere ausgewachsene Macropoden mit dabei waren. Sie sind sich immer treu geblieben, waren unglaublich erfolgreiche Eltern und haben es überall geschafft etlichen NW großzubekommen, nicht zuletzt weil sie immer als Team gearbeitet haben, egal worum es ging und weil sie den NW recht lange nach dem Freischwimmen immer noch in ihrem Revier toleriert haben und letzterer damit zumindest indirekt verteidigt wurde.

Sie haben es sogar geschafft, auch die Brut anderer M. opercularis groß zu bekommen. Eine Geschichte dazu will ich jetzt erzählen, auch wenn´s etwas länger wird:

Vor ca 3 Jahren habe ich das Pärchen für einige Monate in meinem 240 l Gesellschaftsbecken, zusammen mit weiteren 2M und 1 W Paradiesfischen.
Das Pärchen hat sofort ca 1/2 des Beckens für sich reklamiert.
Die beiden anderen Männchen haben sich in der anderen Beckenhälfte gut arrangiert und sich die Gunsten des 2-ten Weibchens mit großer Gelassenheit geteilt. Hab´s erlebt, wie sich das "Macropodenflittchen" innerhalb einer 1/4 bis 1/2 Stunde mit beiden Männchen abwechselnd gepaart und sogar abgelaicht hat!
Eines der beiden freizügigen Männchen hat einmal sein Nest viel zu nahe an dem Auslassrohr/der Strömung gebaut und es durch eine unglückliche Bewegung geschafft, das mit Eiern volle Schaumnest direkt in die Strömung zu befördern. Natürlich wurden die Eier sofort mitgerissen und im Becken verteilt. Der ungeschickte Vater und das "Flittchen", haben sich kurz und völlig unbeholfen über den Schlamassel aufgeregt, wussten sich aber nicht zu helfen und haben sich recht schnell damit abgefunden, so nach dem Motto "Weg ist weg, wir sorgen schon für noch mehr neue Eier."

Das treue Weibchen hat jedoch sofort reagiert, blitzschnell ein Maul voller treibender Eier eingesammelt und ist damit zu ihrem Partner geschwommen, der gerade beschäftigt war, die gemeinsamen Eier im Schaumnest zu brüten. Sie hat sich vor ihm gestellt und ein paar Sekunden lang mit den Brustflossen extrem schnell und aufgeregt gewedelt. Offensichtlich hat er am Ende verstanden worum es ging und sein Einverständniss gegeben, denn dann hat sie ihm die Eier vorgespuckt und er hat sie eingesammelt und in einer Ecke des Schaumnestes sorgsam deponiert. In den nächstens Minuten hat das tüchtige Weibchen noch mehr "Ladungen" Eier eingesammelt und sie ihrem Männchen übergeben, bis keine verwahrloste Eier mehr zu finden waren.
Ende der Geschichte. :fisch:

Das hellblaue junge Männchen auf dem Video stammt aus einer ganz anderen Brut im vorvorigen Jahr und ist draußen im Garten aufgewachsen. Im Herbst, nachdem ich dachte, ich hätte alle Paradiesfische herausgefischt und reingeholt, habe ich 1-2 Tage später das junge Männchen im Sand halb eingebuddelt und bei kaum 1 cm Wasserstand, zufällig entdeckt.
Er war der einzige unter seinen +/- 50 Geschwistern, der einen Knick am Schwanzflossenansatz hatte und ich weiß bis heute nicht, wie und wann er zu dem Knick gekommen ist. Womöglich habe ich ihn während der wilden Fangaktion aus Versehen verkrüppelt. Jedenfalls, ich habe ihn nicht abgegeben, weil ich nicht wusste, inwiefern dieser Knick ihn benachteiligen würde. Zum Glück hat er sich sonst ganz normal entwickelt (wenn man von der jetzigen sexuellen Vorliebe absieht :roll: :grin: ).

Aus ähnlichen Gründen habe ich das junge Weibchen auf dem Video auch behalten: sie war die kleinste aus dem Wurf. Sie ist zwar bis heute immer noch kleiner als alle anderen M. opercularis-Weibchen die ich bis jetzt hatte geblieben, aber sie ist schon längst geschlechtsreif und willig. :oops:

Anfang der Sommersaison, als ich die 4 Macropoden ins Outdoorbecken umgesiedelt habe, wollte der Sohn dem Vater die Partnerin ausspannen und es hat ca 1-2 Tage ziemlich heftige Auseinandersetzungen zwischen den beiden gegeben, bis der jüngere einsehen musste, dass er keine Chancen hat.

@Rofl

Bis jetzt habe ich noch keine 2 gleiche Macropoden gehabt, egal ob Männchen oder Weibchen. In einem muss ich dir aber Recht geben: die Macropodendamen wissen wie sie das bekommen, was sie wollen.
Als unbeholfene, ständig bedrängte "Jungfern" habe ich sie eigentlich nie erlebt, eher im Gegenteil. :grin:

Apropos, hast du schon mal erlebt, wie ein bereits brütendes Männchen frühzeitig wieder zur Paarung verführt wird? Ich habe das schon ein paar mal erlebt und nicht nur bei M. opercularis, sondern auch bei B. imbellis und 2 mal sogar bei B. splendens.
Gewissenhafte Männchen bauen in solchen Fällen ein 2-tes Nest, neben dem bereits existierenden und nach jeder Umschlingung schauen sie schnell nach dem Rechten im alten Nest und basteln hastig noch ein paar Blasen am neuen Nest.
In den nächsten Stunden/Tagen nachdem die Paarung beendet ist, werden die ersten Larven, sobald sie geschlüpft sind, entweder am Rande des ersten Nestes, oder sogar in einem 3-ten Nest sortiert und betreut. Warum die Larven von den Eiern so strikt getrennt werden, ist mir nicht 100% klar, das haben aber alle mehr oder weniger genau gemacht.
Gleichzeitig werden die Eier befächelt, gedreht, gelutscht, usw. So geht es weiter, bis alle Larven geschlüpft sind, was durchaus auch mal 2 Tage dauern kann.
Noch spannender wird es, wenn es bereits die ersten Freischwimmer gibt, bevor alle Eier geschlüpft sind. Dann flitzt das Männchen wie in einer beschleunigten Filmaufnahme zwischen den Nestern und den Ausbüchsern.
Ich kann nur sagen: arme Männchen! Ich wüsste nur zu gerne, wie man auf die Idee gekommen ist, Haremshaltung bei brutpflegenden Fischen im männlichen Geschlecht gekommen ist.

@Helmut

Vor kurzem habe ich ein Video von einem Discus-Dreier auf youtube entdeckt. Wenn man gezielt danach suchen würde, würde man vermutlich feststellen, dass ungewöhnliches verhalten doch öfter vorkommt, als gedacht. Jedenfalls, ein guter Bekannter hatte vor ein paar Jahren auch 2 Paradiesfischmännchen, die ca 1/2 Jahr lang plötzlich homosexuell wurden, um danach wieder hetero zu werden.

Ah so, die 3 Macropoden machen weiter so, wie gehabt. Die beiden Männchen turteln immer noch die meiste Zeit, während das Weibchen zich mal am Tag versucht sich zwischen ihnen zu mogeln. Auffallend ist nur, dass das ältere Männchen hin und wieder, für kurze Zeit das Liebesnest verlässt und sich auch mal in anderen Ecken des Beckens umguckt.

MfG
Dana


   
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K. de Leuw
(@k-de-leuw)
Noble Member
Beigetreten: Vor 19 Jahren
Beiträge: 2034
 

Hallo,

und ein frohes Neues Jahr!

Von mir auch.

Sie haben es sogar geschafft, auch die Brut anderer M. opercularis groß zu bekommen. Eine Geschichte dazu will ich jetzt erzählen, auch wenn´s etwas länger wird:

Hab´s erlebt, wie sich das "Macropodenflittchen" innerhalb einer 1/4 bis 1/2 Stunde mit beiden Männchen abwechselnd gepaart und sogar abgelaicht hat!

Das ist nicht unbedingt ein ungewöhnliches Verhalten, im Gegenteil. So erhöht das Weibchen die Varabilität des Nachwuchses und damit die Wahrscheinlichkeit, dass welche überleben.

Offensichtlich hat er am Ende verstanden worum es ging und sein Einverständniss gegeben

Ich fürchte, so viel Gehirn haben die beiden gar nicht. Die Eier haben bie ihr den besonders ausgeprägten Brutpflegeinstinkt ausgelöst, ihr Verhalten führte dann zu seinem Verhalten.

Apropos, hast du schon mal erlebt, wie ein bereits brütendes Männchen frühzeitig wieder zur Paarung verführt wird? Ich habe das schon ein paar mal erlebt und nicht nur bei M. opercularis, sondern auch bei B. imbellis und 2 mal sogar bei B. splendens.

Auch hier hast Du einen Teil des "normalen" Verhaltensspektrums beobachtet, das nur deshalb selten berichtet wurde, weil viele Autoren (insbesondere früher) ihre Beobachtungen in kleine Zuchtbecken machten, in die nur ein Paar eingesetzt wurde und in denen nach dem ersten Laichen nur das Männchen verblieb.

Warum die Larven von den Eiern so strikt getrennt werden, ist mir nicht 100% klar, das haben aber alle mehr oder weniger genau gemacht.

Das erleichtert die Brutpflege, weil Eier und Larven andere Ansprüche haben.

Gruß, Klaus


   
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 Seb
(@seb)
Trusted Member
Beigetreten: Vor 21 Jahren
Beiträge: 78
 

Hallo,
das sich Männchen untereinander klammern hat auch Paepke in seinem Buch "Die Paradiesfische" beschrieben.

Zitat:" Das reflexartige Klammern kann man nicht nur in der geschilderten Situation beobachten (Beschreibung des "normalen" Laichvorgangs) sondern gelegentlich auch bei zwei kämpfenden Männchen. Insbesondere dann, wenn einer der Gegner beim Breitseitenimponieren inaktiv wird, kann der andere versuchen, zu klammern, wenn er seinerseits nicht zu sehr aggressiv motiviert ist."

Eine Wertung dahingehend das es sich dabei um homosexuelles Verhalten handelt findet im Buch nicht statt.

LG Sebastian Grill


   
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