Internationale Gemeinschaft für Labyrinthfische e.V.

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Diskussion zu Neozo...
 
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Diskussion zu Neozoen (ehem. Thread zum Verbot von Pomacea)

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Charlyroßmann
(@charlyrossmann)
Noble Member
Beigetreten: Vor 18 Jahren
Beiträge: 1828
 

Hallo!
Wir wollen uns mal nicht beschweren.
Hier in Europa sind wir neozoenmäßig immer noch relativ gut dran. Die europäische Fauna ist sehr neozoenresistent, außer der Sache mit dem Grauhörnchen und dem Mink ist nix passiert, und auch der Mink konnte nur deshalb so zuschlagen, weil die Menschen ihm die Arbeit abgenommen haben, den Nerz auszurotten.
Und sonst haben wir in Europa seit der Eiszeit eine verarmte Fauna mit vielen unbesetzten "Planstellen", die jetzt so nach und nach mit und ohne Hilfe des Menschen wieder besetzt werden.
Beispiele: Halsbandsittich, Nilgans und Mandarinente. Wir hatten bisher keinen, der im großen Stil die Samen von Bäumen wie Hainbuche, Platane und Ahorn frißt, das macht jetzt der Halsbandsittich, wir hatten keine baumhöhlenbrütende molluskenfressende "Waldente", so wie in klimatisch vergleichbaren Gebieten Nordasiens und Nordamerikas, den Job erledigt jetzt die Mandarinente und die gute alte Nilgans besiedelt jetzt Grasflächen rund um relativ kleine Gewässer. Auch diese ökologische Nische war bislang frei, es gab im Gegensatz zu anderen Kontinenten bei uns keine grasfressende binnenlandbewohnende Halbgans.
Für eine körnerfressende kultursteppenbewohnende Taubenart - so was hatten wir auch nicht - hat die Natur in Gestalt der Türkentaube auch ohne unsere Hilfe gesorgt.
Also: keine Panik!
Charly

"wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen" A. Camus
" wir müssen uns Camus als Dummschwätzer vorstellen" Sisyphos


   
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 CPS
(@cps)
Reputable Member
Beigetreten: Vor 13 Jahren
Beiträge: 475
 

Hallo!

Wenn "don't panic" eine Meinung sein kann, auf die man sich mit
Fach- und Naturverstand einigen kann, dann ist mir das sehr recht.
Vor allem, weil ich Eich- und Grauhörnchen gleich gut mag.

Und weil ich es auch nicht lassen kann: Alopochen aegyptiacus
besetzt im Südwesten und am Rande der Alb eine zuvor lediglich
nicht dauerhaft besetzte Nische. Durch die pro Paar inklusive
aktueller Kinder erforderliche Reviergröße (Wanderfläche wäre
besser), verdrängt die Nilgans kleinere Anatiden und Rallen beziehungsweise
stört oder behindert sie am Nestbau und erfolgreicher Brut. Das
ist übel? Andererseits konkurriert die Nilgans am Oberrhein erfolg-
reich gegen den überzähligen Höckerschwan, der dort als Neozoon
ebenfalls nichts zu suchen hat. Das ist gut?


   
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CARNIVORE
(@carnivore)
Reputable Member
Beigetreten: Vor 14 Jahren
Beiträge: 317
 

Hallo,

mittlerweile ist Pseudorasbora parva auch im Spreewald (n. Cottbus) bei Raddusch und Stradow angekommen.
Quelle ist die Lausitzer Rundschau 28.10.2011.

Gruss Nico

Grüße von
IGL 057


   
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Charlyroßmann
(@charlyrossmann)
Noble Member
Beigetreten: Vor 18 Jahren
Beiträge: 1828
 

Hallo!
Hier in der Rheinebene gibt es sie flächendeckend, vor allem seit irregeleitete "Naturschützer" sie in bisher fischfreie Amphibientümpel setzen, um dem Eisvogel einen Gefallen zu tun.
Und um auf die Höckerschwäne zu kommen: ich habe ein Uraltbuch "Die Vögel des Odenwaldes". Darin wird in den 50er Jahren eine freilebende Höckerschwanfamilie, die für ein paar Tage auf dem Neckar bei Neckargemünd Rast gemacht hatte, als ornithologische Sensation gefeiert.
Heutzutage kaum zu glauben.
Gruß
Charly

"wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen" A. Camus
" wir müssen uns Camus als Dummschwätzer vorstellen" Sisyphos


   
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K. de Leuw
(@k-de-leuw)
Noble Member
Beigetreten: Vor 18 Jahren
Beiträge: 2034
 

Hallo zusammen,

Hier in der Rheinebene gibt es sie flächendeckend, vor allem seit irregeleitete "Naturschützer" sie in bisher fischfreie Amphibientümpel setzen, um dem Eisvogel einen Gefallen zu tun.

Wenn es wirklich Tümpel sind, löst sich das Problem von selbst, denn Tümpel fallen definitionsgemäß regelmäßig trocken. Falls Du Beweise gegen die Personen hast, die die Fische aussetzten, solltest Du sie wegen Faunenverfälschung anzeigen.

Und um auf die Höckerschwäne zu kommen:

Ich dachte, die hätten in Norden Mitteleuropas ein natürliches Vorkommen gehabt, dass der Mensch im Mittelalter beinahe ausgerottet hatte.

Gruß, Klaus


   
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 CPS
(@cps)
Reputable Member
Beigetreten: Vor 13 Jahren
Beiträge: 475
 

Hallo,

in einer der ersten Übersetzungen des Till Eulenspiegel ( 16. Jahrhundert, also 250 Jahre nach dessen Ableben) wird von einem fürstlichen Bankett berichtet, als dessen sensationeller Höhepunkt "Schwan" serviert wurde. Wahrscheinlich waren diese eigentlich nordischen Vögel damals im Ostseebereich nicht sehr häufige Gäste. Heute brüten zwischen Basel und dem Kaiserstuhl mehr als 1.000 Paare am Oberrhein.


   
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fischmichi
(@fischmichi)
Reputable Member
Beigetreten: Vor 20 Jahren
Beiträge: 382
 

Hallo zusammen,

...

Und um auf die Höckerschwäne zu kommen:

Ich dachte, die hätten in Norden Mitteleuropas ein natürliches Vorkommen gehabt, dass der Mensch im Mittelalter beinahe ausgerottet hatte.

Gruß, Klaus

Hallo,

der Höckerschwan mag ja eventuell im süddeutschen Raum als Neozoon betrachtet werden, aber wenn mann Wikipedia glauben darf (was ja auch nicht immer der Fall ist), ist er in Nordeuropa zu hause und bekam in England schon 1186 einen königlichen Status. Man sollte irgendwann eine zeitliche Linie ziehen, sonst müsste man so einiges unserer heimischen Tierwelt infrage stellen. Der Karpfen wurde meines Wissens von den Römern (für Nahrungszwecke) in Europa eingeschleppt.
Zum Höckerschwan noch soviel, er wurde früher ja stark bejagt und diente in den letzten Kriegsmonate und in den ersten Nachkriegsjahren 1945 der hungernden Bevölkerung auch als Nahrung. Jedenfalls war es hier im berliner Raum nach Aussagen meiner Mutter und meines Schwiegervaters so. Die Tiere waren hier in den Havel- und Spreegewässern so gut wie ausgestorben.

Gruß Michael

fischmichi
Michael Müller

"Die Frage heißt nicht: Können Tiere denken oder reden? Sondern: Können sie leiden?" (Jeremy Bentham)


   
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JürgenE
(@juergene)
Estimable Member
Beigetreten: Vor 15 Jahren
Beiträge: 166
 

... und wer spricht vom Waschbär?


   
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 CPS
(@cps)
Reputable Member
Beigetreten: Vor 13 Jahren
Beiträge: 475
 

Hallo.

Vom Waschbär spricht kaum noch jemand, weil der schon nicht mehr zu bewältigen ist. Und es kann
auch niemand wirklich beweisen, dass seine enorme Verbreitung wem auch immer schaden würde.

"Das Aussetzen von zwei Waschbärpärchen am hessischen Edersee im Jahr 1934 markierte den Beginn der nahezu vollständigen Besiedlung Deutschlands durch den Waschbären. Die Bestandszahlen liegen heute im sechsstelligen Bereich. Waschbären können lokal zu einer Gefahr für Vogelkolonien werden, größere ökologische Schäden in der mitteleuropäischen Umwelt sind jedoch nicht zu erwarten".

"In der Jagdsaison 2010/2011 wurden in Deutschland 67.700 Waschbären getötet. In den 1990er Jahren hatte diese Zahl noch bei nur 400 Tieren gelegen".

Von seinem sehr spezifischen Parasiten, Baylisascaris procyonis, spricht auch keiner, denn der scheint
ausnahmslos Waschbären zu schaden.


   
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Charlyroßmann
(@charlyrossmann)
Noble Member
Beigetreten: Vor 18 Jahren
Beiträge: 1828
 

Hallo!
Ja, der Waschbär.
Ist der eigentlich noch ein Thema?
Wir werden ihn sowieso nicht mehr los und den Marderhund auch nicht.
Beide fallen unter die Rubrik "nacheiszeitliche Neubesetzung einer durch die Eiszeit freigewordenen ökologischen Planstelle".
Beide Arten leben dort, wo sie ursprünglich herkommen, in ökologisch den unseren ähnlichen Verhältnissen und haben es zum Teil mit denselben Vogelarten wie hier zu tun. Daß Waschbär und Marderhund deren Eier fressen, hat denen in Nordamerika und Nordasien nicht geschadet und wird ihnen auch hier nicht schaden.
Konkurrierende Arten, die von Waschbär oder Marderhund aus ihrer ökologischen Nische gedrängt werden könnten, gibt es hier nicht, die ökologisch ähnlichen Arten Rotfuchs, Dachs, Iltis und Marder leben in Nordasien friedlich mit dem Marderhund und in Nordamerika friedlich mit dem Waschbären zusammen.
Also, frei nach D. Adams: don't panic!
Ja, und beim Höckerschwan könnte man glatt glauben, der habe gar keine natürlichen Vorkommen.
Wenn er ein Kampffisch wäre, würden die Üblichen Verdächtigen "Ausgesetzter Hybride!" schreien.
Der Höckerschwan nimmt in der Nord-Süd-Reihe Zwergschwan-Singschwan-Höckerschwan die südlichste Position ein, ist also ein Vogel der gemäßigt-maritimen europäischen und ostasiatischen Klimazone und kein Tundravogel wie der Zwergschwan und auch kein Taigavogel wie der Singschwan. Wir müssen davon ausgehen, daß er Brutvogen zumindest in der norddeutschen Tiefebene, evtl. auch im Rheintal bis zum Bodensee, vielleicht auch im Donaugebiet war. Der Beweis für Vorkommen in Süddeutschland ist ein sehr poetischer, das älteste bekannte Musikinsrument, eine Flöte aus einem Schwanenknochen, gefunden in der Nähe von Ulm.
Als großer, auffälliger und leicht zu bejagender Vogel wurde der Höckerschwan im frühen Mittelalter ausgerottet bis auf kleine Rückzugsgebiete im heutigen Schleswig-Holstein, Meck-Pomm und Brandenburg.
Irgendwann begann der Adel sich für Schwäne zu interessieren, das feudale Jagdrecht verbot dem gemeinen Volk die Jagd auf den Höckerschwan. In der Romantik schwappte die Wertschätzung für die mittlerweile mythologisch aufgeladenen Vögel auf das Bürgertum über. In Süddeutschland konnten die alten Lebensräume von verwilderten Parkschwänen besiedelt werden, im Norden kamen die Schwäne wieder aus ihren Rückzugsgebieten hervor.
In Nordamerika hat sich übrigens eine ähnliche Geschichte abgespielt, die Amerikaner mit ihrem Wildwest-Jagdrecht hatten ihre Trompeterschwäne bis auf siebzig Tiere zusammengeballert. Nach strenger Unterschutzstellung und einer ausführliche Sympathiekampagne(mit Schwänen geht so was) leben in den USA und Kanada wieder Tausende von Trompeterschwänen.
...und Inzucht war dabei nie ein Problem.
Gruß
Charly

"wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen" A. Camus
" wir müssen uns Camus als Dummschwätzer vorstellen" Sisyphos


   
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freaky_fish
(@freaky_fish)
Prominent Member
Beigetreten: Vor 16 Jahren
Beiträge: 812
 

Ich schleich mich kurz rein.
Sehr spannend Eure Diskussion....weiter so.
Ich hab mal den Threadtitel angepaßt, nachdem die Pomacea nur noch untergeordnet ein Thema sind. :wink:

Liebe Grüße
Verena


   
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CARNIVORE
(@carnivore)
Reputable Member
Beigetreten: Vor 14 Jahren
Beiträge: 317
 

Hallo,

um den Waschbären wird sich unser wiedergekehrter Canis lupus mit Sicherheit kümmern auch der Luchs dürfte ihn mögen.
Zum Karpfen möchte ich behaupten, das die Römer in Sachsen, Pommern, Mecklenburg, Brandenburg keinen Einfluß hatten. Er ist sicher mit den Mönchen gekommen da Fisch/Schildkröte in der Fastenzeit nicht als Fleisch galt.

Gruß Nico

Grüße von
IGL 057


   
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 CPS
(@cps)
Reputable Member
Beigetreten: Vor 13 Jahren
Beiträge: 475
 

Einspruch Nico!

Umgekehrt. Der Karpfen kam nicht zu uns, der hat sich vom "relativen Hier" aus
nach Ostasien ausgebreitet. Schnittstelle ist der Bereich heutige Donau, Schwarzes
und Kaspisches Meer. Und zwar zu einer Zeit, in der das noch nicht so
unüberwindbar hügelig war. Es ist die unlogischste Erklärung der Karpfenherkunft
und genau darum ist sie richtig. Es gibt sogar den einen oder anderen historischen
Beleg dafür. Vor allem den, dass die Mönche, als sie (relativ spät) mit dem
Fasten und dem Freitagsfisch begannen, bereits Karpfen zur Verfügung hatten
und ihren vermeintlichen Import nicht dokumentiert haben.


   
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Charlyroßmann
(@charlyrossmann)
Noble Member
Beigetreten: Vor 18 Jahren
Beiträge: 1828
 

Hallo, Nico!
In vielen nordamerikanischen Waschbärlebensräumen gibt es Wölfe oder Luchse.
Das scheint den Waschbären wenig auszumachen.
@alle: gibt es Informationen drüber, wie gut sich die Wildkarpfen hier bei uns vermehren?
Ich habe irgendwo gelesen, daß sie nur in klimatisch begünstigten Gebieten zum Laichen kommen und das auch nur in warmen Jahren
Gruß
Charly

"wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen" A. Camus
" wir müssen uns Camus als Dummschwätzer vorstellen" Sisyphos


   
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fischmichi
(@fischmichi)
Reputable Member
Beigetreten: Vor 20 Jahren
Beiträge: 382
 

Hallo,

...
Zum Karpfen möchte ich behaupten, das die Römer in Sachsen, Pommern, Mecklenburg, Brandenburg keinen Einfluß hatten.
...

Gruß Nico

So weit weg waren die Römer ja nun auch nicht. Ihre wahrscheinlich östlichste Schlacht im späteren Deutschland war ja wohl bei Kalefeld am Westrand des Harzes. Für Karpfen ist es ja dann nur noch ein "Katzensprung" %-O bis nach Brandenburg. Ob die Legionen aber auch Karpfen dabei hatten, entzieht sich meiner Kenntnis :???: .

Gruß Michael

fischmichi
Michael Müller

"Die Frage heißt nicht: Können Tiere denken oder reden? Sondern: Können sie leiden?" (Jeremy Bentham)


   
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