Liebe Parofreunde, eine aktuelle Diskussion im Postkorb "Zuchterfolge und Zuchtprobleme" veranlasst mich, diesen neuen thread hier zu öffnen. Anlass sind dort die Fragen von Bennie Wilden, der angesichts eines nur mangelhaft pflegenden Paro-Männchens eine künstliche Aufzucht eines Geleges probiert und feststellt, dass dies sehr schwierig ist.
Natürlich ist dies schwierig. Wir merken dann, wieviel Arbeit uns die Paro-Männer normalerweise abnehmen.
Aber Bennies Erfahrungen zeigen eines: Wir verlernen die Kultur der künstlichen Aufzucht schwieriger Fische. Ein Walter Foersch und ein Günter Kopic haben ihre Paro-Zuchterfolge in den siebziger und achtziger Jahren hauptsächlich durch künstliche Aufzucht erzielt. Und damit teilweise wirkliche Mengen hochgebracht. Wir praktizieren heute fast nur noch natürliche (oder quasinatürliche) Zucht mit kleinen Jungfischzahlen. Vielleicht sollten wir auch besser von extensiver und intensiver Zucht reden, denn das, was wir überwiegend praktizieren, ist ja auch nicht natürlich. Wir begnügen uns meist mit den Jungfischen, die im Elternbecken durchkommen. In den meisten Fällen könnten es (viel) mehr sein, wenn wir die Gelege separierten und getrennt von den Eltern aufzögen.
Dies war in den beiden ersten Jahrzehnten der Parohaltung im Aquarium, also etwa von Mitte der siebziger bis Mitte der neunziger Jahre bei den damals noch weniger Parofreunden, die sich dabei engagierten, die normale Form der Zucht. Es macht sehr viel mehr Arbeit, denn man muss vor allem verhindern, dass die Gelege verpilzen. Aber nur so haben Günter Kopic und andere die seltenen, zum ersten Mal eingeführten Arten erst einmal sicher vermehren können, statt die geschlüpften Jungfische der Gefahr auszusetzen, im Elternbecken (das bei den meisten von ihnen damals viel steriler betrieben wurde als bei uns heute) entweder zu verhungern oder aufgefressen zu werden.
Wenn wir heute Paros züchten, riskieren wir lieber dies, als dass wir uns noch die eigene Pflegemühe antun, die notwendig ist, um ein Gelege durch Keime nicht zu verlieren. Das Ei ist nämlich die empfindlichste Zeit im Leben eines Prachtguramis (und der meisten anderen Fische auch). Seine äußerst zarte Hülle ist erstens stark durch falschen osmotischen Druck gefährdet (deshalb unsere Weichwasserproblematik) und zweitens von Keimen, insbesondere Pilzsporen, schnell durchdrungen (deshalb, zum Teil, die Notwendigkeit der niedrigen pH-Werte).
Künstliche Aufzucht muss also diese hochempfindliche Lebensform, das Ei, schützen, wie es, hocheffektiv, pflegende Paroväter tun.
Diskutieren wir also hier über die Vor- und Nachteile von extensiver und intensiver Zucht, vor allem aber versuchen wir die Kenntnisse, die für eine intensive (künstliche) Zucht nötig sind und die einmal vorhanden waren (!), zurückzuholen und wiederzugewinnen. Wir bekommen heute fast jedes Jahr neue Paros. Wenn diese nicht in kurzer Zeit wieder verschwunden sein sollen, müssen wir als erstes die wenigen kostbaren Wildfische vermehren. Dazu benötigen wir sicher nicht nur, aber auch die Kenntnisse zur künstlichen Aufzucht. Ob wir dann weiter intensiv züchten, ist eine andere Frage. Aber solche Kenntnisse dürfen nicht verloren gehen.
Wer kann etwas beitragen? Auch einfache Berichte über (gescheiterte) Versuche, Gelege ohne Elternpflege schlüpfen zu lassen, sind hier interessant. Ich denke es ist ein Thema, wo fast alle eingestehen müssen, dass sie bisher nicht sehr erfolgreich waren. Ich auch nicht.
Peter Finke, Bielefeld
Warum geht niemand auf dieses Thema ein? Gibt es gar keine Erfahrungen mehr mit Versuchen, Gelege oder Larven oder Jungfischgruppen getrennt von den Alttieren aufzuziehen?
Peter Finke, Bielefeld
Hallo
Mein Versuch ist gescheitert.
Am vierten Tag waren alle Larven verpilzt (trotz Antipilzmittel) und auch der Paromann hatte nicht mehr Erfolg. Ebenfalls am vierten Tag waren auch seine Schützlinge verpilzt.
Lg
Gruß Bennie
Ich liebe Tiere
IGL: 207
Ich hab in den letzten Monaten versucht Paro Sentang und Paro anjunganensis getrennt aufzuziehen.
Dabei hab ich die Larven am letzten Brutpflegetag einfach mit einem Luftschlauch vom Höhlendach abgesaugt.
Bei den Sentang starben die Larven innerhalb zwei Tage ab. Ob es zu früh war oder ob die Larven sehr empfindlich sind weiss ich nicht. Sie nahmen kein Futter an.
Bei anjunganensis ging alles glatt. Anjunganensis Larven sind recht gross, grösser als z.B. Betta imbellis, und nahmen nach dem Freischwimmen sofort frischgeschlüpfte Artemia und Mikrowürmchen. Die etwa 70 Jungfische bewohnten in den ersten 4 Wochen danach ein 5 Liter Becken, dass mit nichts anderes als 3 Liter Beckenwasser, ein halbes Seemandelbaumblatt und eine Handvoll Eichenlaub ausgestattet war. Gefüttert wurde zweimal täglich und Wasserwechsel etwa 10% täglich mit reinem Osmosewasser.
Nach den 4 Wochen konnte ich 73 Stück 1 cm lange anjunganensis Jungfische in ein 60 cm Becken umsetzten. Heute, 3 Wochen später, sind die Jungen noch ein wenig grösser und sehen aus wie richtige Paros.
P. anjunganensis Junge die soeben freischwimmen
P. anjunganensis 7 Wochen nach dem Freischwimmen:
lg Karsten
Hallo Karsten, das ist doch prima.
Sie sind doch nett, die kleinen Scheißerchen.
Allerdings würde ich vom Misserfolg mit den Sentang zunächst noch nichts ableiten. Es liegt nach meinen Beobachtungen nicht an unterschiedlichen Ansprüchen. P. "Sentang" und P. anjunganensis sind doch ziemlich ähnlich (oder fast gleich) in ihren Anforderungen. Es kann ja alles Mögliche sein, dass den Erfolg bei Sentang verhinderte. Versuch es einfach weiter.
Karsten, was wurde eigentlich aus Deiner Recherche zu den dänisch-norwegischen "deissneri", bzw. zu den Nicht-deissneri, die auf dem Bild zu sehen waren.
Grüße, Martin Hallmann
Ich hab in den letzten Monaten versucht Paro Sentang und Paro anjunganensis getrennt aufzuziehen. (...) Dabei hab ich die Larven am letzten Brutpflegetag einfach mit einem Luftschlauch vom Höhlendach abgesaugt. Bei den Sentang starben die Larven innerhalb zwei Tage ab. Ob es zu früh war oder ob die Larven sehr empfindlich sind weiss ich nicht. Sie nahmen kein Futter an. Bei anjunganensis ging alles glatt.
Schonender ist die Methode, die Alttiere herauszufangen. Aber es geht auch so, wie die anjunganensis zeigen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Sentang-Larven viel empfindlicher sind. Wahrscheinlich hast Du sie zu früh abgesaugt und womöglich beim Wasser oder beim Futter Fehler gemacht. Wenn man Larven absagt, sollte man dies wirklich erst kurz vor dem Ausschwimmen tun, wenn sie schon in der Höhle umherwirbeln. Und manche Larven muss man mit Rädertierchen oder zumindest Pantoffeltierchen anfüttern.
Aber es ist sehr gut, dass Du mit den anjunganensis gleich einen Erfolg erzielt hast! Jetzt sind erstmal genügend anjunganensis da.
Bitte, noch eines bedenken: Bei Fischen ist das Geschlecht nicht im Moment der Befruchtung der Eizelle festgelegt; es bildet sich erst in den ersten Wochen unter Mitwirkung von Umweltfaktoren heraus. pH-Wert und Huminstoffgehalt, wahrscheinlich auch die Temperatur, wirken sich nachweislich auf die Geschlechtsbildung aus. Niedrige Werte begünstigen Männchen, höhere Weibchen. Du müsstest bei den anjunganensis die Geschlechter schon (teilweise) erkennen können.
Peter Finke, Bielefeld
Hallo Peter,
ist es wirklich so wie Du sagst, dass bei allen Fischen und ohne Ausnahme das Geschlecht erst im Laufe einiger Zeit nach der Befruchtung festgelegt wird?
Gibt es dazu Literatur? Geht es in beide Richtungen (woher kommen dann die entsprechenden Chromosomen - bzw. müssten diese dann immer vorhanden sein, also Fische genetische Zwitter sein?!)
Das hat mich sehr überrascht - ich wusste nur, dass es zu Geschlechtsumwandungen kommen können soll (und wissenschaftliche Literatur habe ich dazu auch nie gelesen......).
Danke vorab,
Jan
IGL 159 Bestand: Arnoldichthys spilopterus WF; Ctenopoma acutirostre WF; Fundukopanchax gardneri; Macropodus opercularis "Quan Nam", M. erythroptherus "Dong Hoi"; Microctenopoma fasciolatum F1; Pterophyllum scalare "Belèm Sky Blue“; Trichopodus/Trichogaster leerii WF; Trichopodus/Trichogaster microlepis WF.
Jan, ich bin auch kein Experte auf diesem Gebiet. Aber auf der diesjährigen Tagung des AK Labyrinthfische in Berlin, auf der ich auch einen Vortrag über Paros gehalten habe, hat nach mir der Biologe Prof. Dr. Christian Steinberg von der Humboldt-Universität über Experimente mit Huminstoffen gesprochen und dieser hat dies (nicht zum ersten Mal) nachgewiesen. In der Diskussion hat er es auf die Faktoren Temperatur und pH-Wert ausgeweitet. Nach seinen Aussagen gibt es keine Ausnahmen hiervon. Die Tatsache späterer Geschlechtsumwandlungen ist etwas anderes; hier geht es um die frühzeitige Festlegung des Geschlechts. Und die findet bei Fischen unter dem Einfluss von Umweltfaktoren tatsächlich erst in den ersten Wochen ihres Lebens statt. Ich kann es Dir leider auch nicht Punkt fürunkt erklären, aber deas Faktum scheint in der ichthyologischen Wissenschaft anerkannt zu sein. Und auch nicht neu.
Peter Finke, Bielefeld
Das ist ja interessant mit der Geschlechtsverteilung. Da bin ich gespannt wie das bei meinen anjunganensis ausfällt. Ich kann zwar hin und wieder schon ein wenig Revierverhalten beobachten, aber zur Verteilung kann ich noch nichts sagen. Der pH Wert war eher hoch (6,2-6,5) und die Temperatur niedrig, durchschnittlich 21 C.
Von Sentang hab zwar keine grosse getrennt aufgezogene Gruppe, aber eben doch viele extensiv gezogene Jungfische, und zwar von beiden Stämmen. Die von Helenes Stamm sind sogar F2, da deren Eltern Helenes NZ sind. Von beiden Stämmen hab ich mehrere ZP.
Martin.
Die Fische von Norwegen gehen noch immer in Quarantäne. In zwei Wochen, wenn ich meine neue Paro Anlage in Betrieb nehme, trenne ich die beiden Arten und setzte mehrere Paare zur Zucht an. Dann wird auch wieder mehr fotografiert.
lg Karsten
P. anjunganensis
Foto von heute
verstehe ich richtig, dass Du die Paros bei Dir in Quarantäne sitzen hast.
es geht mir nicht um die richtigen deissneri, sondern den rundflossigemn Typ, den Du in einem Bild hier in der Annahme es seien deissneri gezeigt hattest (zuvor hattest Du ein Bild von tatsächlichen deissneris eingestellt). Das Besondere wäre, dass der Rundflosser nicht mit den von Bangka bekannten Parosphromenus bintan übereinstimmt. Also nicht identisch mit bintan ist. Auf den 1. Blick fällt das Fehlen der hellen Ventralvilamente auf.
Also nochmal:
1. Sind die Fische, die du aus Norwegen erhieltst (erhältst) tatsächlich aus Bangka?
2. Wurden sie zusammen (sympatrisches Vorkommen) mit deissneri gefangen?
3. Wurden auch noch typische P. bintan (siehe Bild von Hannes Svardal oder Galerie) gefangen bzw. waren eingemischt?
Grüße, Martin Hallmann
Hallo zusammen!
Aber auf der diesjährigen Tagung des AK Labyrinthfische in Berlin, auf der ich auch einen Vortrag über Paros gehalten habe, hat nach mir der Biologe Prof. Dr. Christian Steinberg von der Humboldt-Universität über Experimente mit Huminstoffen gesprochen und dieser hat dies (nicht zum ersten Mal) nachgewiesen. In der Diskussion hat er es auf die Faktoren Temperatur und pH-Wert ausgeweitet. Nach seinen Aussagen gibt es keine Ausnahmen hiervon. Die Tatsache späterer Geschlechtsumwandlungen ist etwas anderes; hier geht es um die frühzeitige Festlegung des Geschlechts. Und die findet bei Fischen unter dem Einfluss von Umweltfaktoren tatsächlich erst in den ersten Wochen ihres Lebens statt. Ich kann es Dir leider auch nicht Punkt fürunkt erklären, aber deas Faktum scheint in der ichthyologischen Wissenschaft anerkannt zu sein. Und auch nicht neu.
Wenn er das so gesagt hat, wie es hier berichtet wird, ist es sachlich falsch, denn es ist auf jeden Fall nicht die Regel:
1. Beim Guppy,Platy und vermutlich auch bei ihren Verwandten erfolgt die Geschlechtsbestimmung wie beim Menschen genetisch über X- und Y-Chromosomen. Das gilt auch für den Reiskärpfling Oryzias latipes.
2. Bei den zu den Riffbarschen zählenden Anemonenfischen ("Nemo" und Verwandschaft) erfolgt die Geschlechtbestimmung über die Dominanz: Das dominante Tier in einer Gruppe ist das Weibchen, alle anderen sind Männchen, davon allerdings nur das ranghöchste fertil. Fricke hat das eindrucksvoll nachgewiesen. Wenn er aus solch einer Gruppe das Weibhen entfernte, wurde das fertile Männchen innerhalb kurzer Zeit zum Weibchen und das in der Rangordnung folgende infertile Männchen wurde fertil.
3. Bei vielen oder allen Lippfischen hängt es von der Größe ab: Alle sind bis zu einer bestimmten Größe Weibchen, dann werden sie zu Männchen und färben sich in der Regel auch um.
4. Bei manchen Tiefseefischen entscheidet sich das Geschlecht dadurch, ob der Jungfisch auf ein Weibchen trifft: Dann wird er zum Männchen, wächst an dem Weibchen fest und degeneriert praktisch bis auf die Hoden. Triff er bis zu einer gewissen Entwicklungsstufe kein Weibchen, wird er selbst eins.
Zum Thema künstliche Aufzucht:
Zieht man Fische künstlich auf, weil die Elteren nicht (richtig / ausreichend) pflegen, riskiert man, dass auch die Nachkommen ihre Brut nicht (richtig) versorgen, falls das mangelhafte Verhalten genetisch bedingt ist. Zumindest bei Skalaren hat man diese Erfahrungen gemacht. Daher und aus Arbeitsersparnis würde ich die Eipflege möglichst dem Männchen überlassen und erst die Larven separieren.
Gruß, Klaus
(...) Wenn er das so gesagt hat, wie es hier berichtet wird, ist es sachlich falsch, denn es ist auf jeden Fall nicht die Regel (...)
Nein, so hat Chr. Steinberg das nicht gesagt, ich habe es auf die hiesigen Verhältnisse verkürzt wiedergegeben. Aber man muss auch bedenken: Auch in Berlin-Mahlow ging es nur um Labyrinthfische. Er hat seine Aussage zunächst einmal nur auf Süßwasserfische bezogen. Ob er die Lebendgebärenden Zahnkarpfen ausgenommen hat, kann ich nicht mehr sagen.
Peter Finke, Bielefeld
Martin
Die Fische von Norwegen sind bei mir.
Die ganze Gruppe geht noch immer im Quarantänebecken zusammen. Die Gruppe besteht aus 3 deissneris (die von den ersten Bildern) und 10 von den anderen (die mit den dunklen Ventralfilamenten von den späteren Bildern). Ich bin mir sicher dass die anderen alle gleicher Art sind.
Die deissneris sind ja von Bangka. Die Norweger behaupten dass die anderen auch von Bangka sind. Aber so richtig überzeugt bin ich nicht (ich hab Peter per mail den Grund meiner Zweifel erklärt).
Karsten, wenn Du diese Gruppe zusammen hältst: Kannst Du die deissneri-Weibchen von den anderen Weibchen unterscheiden? Sie sind etwas länger gebaut, aber sonst nicht leicht zu unterscheiden!
Peter Finke, Bielefeld