Internationale Gemeinschaft für Labyrinthfische e.V.

Telefon: +49 152 28868116 | E-Mail: gf@igl-home.de

Die IGL Arbeitsgruppe Flösselhechte, Flösselaale und Lungenfische

Ursprung der AG
Seit mehreren Jahren beschäftige ich mich mit der Haltung und Zucht der Flösselhechte (Polypteridae) und Lungenfische (Dipnoi). In dieser Zeit habe ich kaum Aquarianer getroffen, die sich auch für diese beiden Fischgruppen interessieren.

Auf der Generalversammlung am 25. Mai 2003 während der IGL-Frühjahrstagung in Stockheim stellte ich den Antrag, die Lungenfische und Flösselhechte in die IGL aufzunehmen, d.h., dass Halter und Züchter oder einfach Interessierte dieser beiden Fischgruppen in einer Labyrinthfisch-Vereinigung eine Heimat finden können. Davon ausgehend, dass sich nur sehr wenige Aquarianer mit diesen Tieren beschäftigen, würde die Bildung einer eigenständigen Vereinigung wenig Sinn machen. Deshalb wurde der Versuch unternommen, über eine bestehende Vereinigung mit Freunden in Kontakt zu kommen. Es ging hauptsächlich darum, das Publikationsorgan der IGL mit zu nutzen, ohne dass kritische Stimmen laut werden, die Berichte über diese Fischgruppen im „Makropoden“ für unangebracht halten. Die Aquaristik lebt aber vor allem davon, Erfahrungen auszutauschen und, gerade bei diesen Tieren, dass man Gelegenheit hat, eventuell einzelne Tiere zu Zuchtpaaren zusammenzustellen. Diesen Ansprüchen soll die Arbeitsgruppe „Flösselhechte und Lungenfische“ gerecht werden.

Flösselhechte, Lungenfische und Labyrinther im systematischen Zusammenhang
Zu der berechtigten Frage, was die Flösselhechte und die Lungenfische mit den Labyrinthfischen zu tun haben soll kurz eingegangen werden. Um es gleich vornweg zu nehmen, die Lungenfische haben mit den Labyrinthfischen nur so viel gemeinsam, dass beide in die große Gruppe der Wirbeltiere gehören und dass beide, auf völlig unterschiedliche Art und Weise, atmosphärische Luft atmen müssen. Bei den Flösselhechten ist es ähnlich, allerdings gehören sie und die Labyrinthfische wenigsten noch gemeinsam der Gruppe der Strahlenflosser (= alle „echten“ Knochen-Fische) an. Es gibt also keine näheren verwandtschaftlichen Bindungen zwischen den Lungenfischen, den Flösselhechten, den Schlangenkopffischen und den Labyrinthfischen. Ja selbst die Lungenfische und die Flösselhechte sind nicht näher miteinander verwandt.

Polypterus delhezi

Einige erste Informationen über Flösselhechte erhielten die Leser in dem Beitrag „200 Jahre Flösselhechte und Flösselaal“, der in den Ausgaben 9/10 und 11/12 von „Der Makropode“ abgedruckt ist.

Zum Verstehen der verwandtschaftlichen Zusammenhänge zwischen Lungenfischen, Flösselhechten und Labyrinthfischen benötigt man etwas Grundwissen zur zoologischen Systematik. Als Voraussetzung dabei gilt in der modernen Systematik, dass jede Gruppe (Taxon), ganz gleich ob man von einer Gattung, Familie, Ordnung oder Klasse spricht, eine monophyletische Einheit darstellt, dass alle Vertreter, die dieser Gruppe zugeordnet werden, auf eine gemeinsame Stammform zurückzuführen sind.

Erpetoichthys calabaricus

Lepidosiren paradoxa

Jeder kennt die Gruppe der Wirbeltiere (meist im System als Unterstamm bezeichnet) oder Vertebrata. Diese Wirbeltiere sind nur einmal während der Stammesentwicklung der Tiere entstanden und bilden so ein Monophylum. In älteren Übersichten zur Systematik der Tiere wurden die Wirbeltiere in fünf Klassen, Fische (mit den Rundmäulern, den Knorpelfischen und den Knochenfischen, den Lungenfischen und Quastenflossern), Lurche, Kriechtiere, Vögel und Säugetiere, unterteilt. Damit waren alle Wirbeltiere in einem System erfasst, das tatsächliche verwandtschaftliche Beziehungen aber nicht darstellte.

Schliesslich teilte man die Fische (Pisces) in drei eigene Klassen auf: Rundmäuler, Knorpelfische und Knochenfische. Während die Gruppen der Rundmäuler und Knorpelfische nun monophyletischen Einheiten entsprachen, traf das für die Knochenfische nicht zu. Zu den Knochenfischen gehörten immer noch die Quastenflosser und die Lungenfische, die aber in eine gemeinsame Stammlinie mit den landlebenden Wirbeltieren gehören. Somit handelte es sich bei der Gruppe Knochenfische unter Einschluss der Lungenfische und Quastenflosser aber unter Ausschluss der Landwirbeltiere um eine paraphyletische Gruppe. Um die tatsächliche Verwandtschaft darzustellen, kann eine Gruppe nur in zwei Schwesterngruppen aufgespalten werden, die Wirbeltiere in Acrania, mit dem kleinen Lanzettfischchen als einem heute lebenden Vertreter und die Craniota, die den ganzen Rest der Wirbeltiere umfassen, deren Körper in Kopf, Rumpf und Schwanz gegliedert ist, deren Haut mehrschichtig ist und die ein knorpliges oder knöchernes Innenskelett ausbilden. Diese Gruppe bildet nun ebenfalls zwei Schwesterngruppen, die Cyclostomata, die wir heute als Rundmäuler (z.B. Bachneunauge) kennen und kein Kiefernskelett besitzen sowie die Gnathostomata, die ein Kiefernskelett ausbilden und paarige Flossen besitzen. Gehen wir weiter, spaltet sich auch diese Gruppe in zwei Schwesterngruppen, die Chondrichthyes – die Knorpelfische mit den Haien und Rochen, und eine zweite Gruppe, die bisher als Osteichthyes – Knochenfische bezeichnet wurde.

Polypterus endlicheri endlicheri

Polypterus endlicheri congicus

Diese zweite Gruppe beinhaltet aber nicht nur alle Knochenfische (wie es im ursprüngliche Sinn gedacht war, siehe oben), sondern auch alle Tetrapoda – alle landlebenden Wirbeltiere. Niemand könnte sich aber damit anfreunden, den Menschen als einen Vertreter der Knochenfische zu bezeichnen. Deshalb wurde der neue Begriff Osteognathostomata für die Schwesterngruppe der Chondrichthyes eingeführt, die nun alle Tiere umfasst, die einen Kiefernapparat besitzen und ein knöchernes Innenskelett ausbilden.

Diese Osteognathostomata bilden die beiden Schwesterngruppen Actinopterygii – die Strahlenflosser, zu denen nun fast alle „Knochenfische“ gehören und Sarcopterygii – die Fleischflosser mit den Lungenfischen, den Quastenflossern und den landlebenden Wirbeltieren (wobei mir der Begriff Fleichflosser für Säugetiere oder Vögel auch unangebracht erscheint).

Damit sind wir am ersten Problem angelangt; Lungenfische sind keine Fische im eigentlichem althergebrachten Sinn, sondern bilden mit den Landwirbeltieren eine monophyletische Einheit. Übertrieben könnte man sagen, dass Lungenfische eher mit uns Menschen als mit den Labyrinthfischen verwandt sind, auch wenn es so niemand formulieren würde. Die Lungenfische, von denen heute nur noch drei Gattungen mit sechs Arten existieren, unterscheiden sich in ihrem Bau sehr stark von den Strahlenflossern und zeigen mehr Gemeinsamkeiten mit den Quastenflossern und vor allem den ursprünglichen entstehenden Tetrapoden, auf die hier nicht weiter eingegangen werden soll.

Zurück zu den Strahlenflossern – Actinopterygii. Auch diese Gruppe teilt sich natürlich in zwei Schwesterngruppen, die Cladistia – unsere Flösselhechte und den ganzen Rest – die Actinopteri mit unseren Labyrintfischen, Schlangenkopffischen, Nanderbarschen, Blaubarschen usw., die letztlich alle der monophyletischen Gruppe Teleostei angehören.

Somit muss festgestellt werden, dass Flösselhechte und Lungenfische mit den Labyrinthfischen und den Schlangenkopffischen nur das Atmen atmosphärischer Luft gemeinsam haben, eine Besonderheit, die aber auch auf weitere Fischgattungen oder -familien zutrifft, aber es gibt auch keine andere Vereinigung, zu denen sie besser passen würden.

Jörg Töpfer