Internationale Gemeinschaft für Labyrinthfische e.V.

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Parosphromenus harveyi

Harveys Prachtgurami
BROWN, 1987

Vorkommen

Westmalaysia / Selangor / Batu Arang, Tanjong Malim

Die terra typica, der Originalfundort, von den Browns war über jahrzehnte erloschen geglaubt, bis uns (Hallmann, Fornoff & Führung und Hinweis Kim) gelang, sie bei Batu Arang im Klarwasser in einen kleinen Bach wiederzufinden. Dabei waren der hohe Weibchenüberschuss von ca. 100 : 5 und der gut erkennbare Unterschied zu den bekannten Parosphromenus (cf.) harveyi Nord Selangagor sehr auffällig. Sie unterscheiden sich merklich von den bisher immer als Parosphromenus harveyi genannten Parosphromenus (cf.) harveyi Nord Selangor.

Auf der gleichen Reise und durch nachfolgende Zuchtversuche wurde folgendes dokumentiert: Die Parosphromenus (cf.) harveyi Nord Selangor kommen im Sungai Panjang zumindest zeitweise syntop mit einer Art vor, die durch ihre Rotfärbungen an Parosphromenus rubrimontis (Bukit Merah) erinnert. Die rote Form kam um 2010 auch als Parosphromenus Tanjong Malim in den Handel und unsere Aquarien. Ob es sich um Farbmorphen einer Art oder zwei eindeutig verschiedene gute Arten  handelt, ist nicht ganz klar.

Beschreibung

Parosphromenus harveyi ist die erste beschriebene Art einer Gruppe von gestaltlich sehr homogenen Formen, die einen typisch hochformatigen Körperquerschnitt, eine runde Schwanzflosse und regelmäßige Bänderung der unpaaren Flossen zeigen. Die Unterschiede der Formen bestehen im wesentlichen in den Ausfärbungen der Flossen und in dem jeweiligen Vorkommensgebiet.

Als Gesamtlänge werden in beiden Geschlechtern bis ca. 3,8 cm erreicht. Weibchen haben eine etwas gestauchtere Gestalt und sind kurzflossiger. Die Geschlechterunterscheidung ist für Paros relativ leicht. Bei nicht ausgefärbten Fischen sollte man sich von der geringfügig langgestreckteren Statur und den weißblauen Bänderungen in der Dorsale und Caudale der Männchen leiten lassen (Taschenlampe). Weibchen können leicht schillernde Zonen in den Ventralen und der Anale zeigen. Bei ausgewachsenen Tieren ist die Form der Rückenflossen eindeutig (Weibchen: abgestutzt, Männchen: spitz und lang ausgezogen). Beide Geschlechter zeigen in neutraler Stimmung braune Körperlängsstreifen, verwaschen gefärbte Flossen. In Agressions- und Laichstimmung mit ausgeprägtem Geschlechtsdichromatismus. Männchen mit weißen, irisierenden Säumen der unpaaren Flossen, lebhaft kontrastierende weißtürkise (in der Caudale und Dorsale), bzw. blautürkise (Anale) und schwarze Bänderungen.

Es gibt keinerlei reine rote Zonen, wodurch Parosphromenus harveyi nur mit Parosphromenus bintan (und alles was darunter fällt) zu verwechseln ist, dieser zeigt jedoch hellblaue Ventralfilamente).

Der Körper des Männchens ist in Pracht längsgestreift. Die Bauchflossen der Männchen sind schwarzblau, die langen Filamente sind dunkel gefärbt. Beide Geschlechter zeigen „Sexy-Eyes“ bei der Balz. Weibchen zeigen eine vom Männchen extrem abweichende, streifenlose, beige Balz- bzw. Ablaichfärbung mit transparent bis diffus gefärbten Flossen. Bei beiden Geschlechtern wird in Aggressionsstimmung der Körper streifenlos und die Flossen und der dunkle Bauch bleiben intensiv gefärbt.

Die Flossen der Parosphromenus harveyi Batu Arang vom Typusfundort sind regelmäßig schmal weitürkis gebändert, die der Farbform vom 50km entfernten Nord Selangor Forest Parosphromenus (cf.) harveyi NSF sind unregelmäßig, in der Caudalis von der Regelform ausbrechend und sehr breit und brilliant gefärbt.

Haltung

Die Haltung und (extensive) Vermehrung sollte in kleinen Artaquarien am besten paarweise erfolgen. Im Paaransatz im weitgehend „sterilen“ Aquarien (25 Liter) mit schwacher Filterung (Luftfilter mit schwacher Bewegung an der Oberfläche) bestehen die besten Voraussetzungen.

Da sie boden- bzw. substratorientiert leben, sollte das Aquarium eine Mindesthöhe von 20cm aufweisen und „verkrautet“gestaltet sein. Hierzu bieten sich eine Schwimmpflanzendecke (Salvinia, Cetatophyllum), Bepflanzung mit Javamoos, Javafarn und Anubias sowie Moorholz zur Strukturierung und Dekoration an. Der Bodengrund kann mit einigen Buchen- oder Eichenblättern bedeckt sein. Man muss ein Maß finden, den scheuen Fischen Sicherheit zu vermitteln und andererseits noch kontrollieren zu können.

Eine Haltung in Gesellschaft ist möglich mit sehr kleinen Boraras (z.B. Boraras brigittae oder Boraras maculatus ), sie nimmt den scheuen Paros die Angst. Eine dauerhafte Haltung in Vergesellschaftung ist jedoch schwierig und verlangt viel Erfahrung bzw. Fingerspitzengefühl bei der Fütterung.

Das Wasser muss zum dauerhaften Erhalt der Paros keimarm (25%ige Wasserwechsel alle 14 Tage), weich (KH 1-3°, zur Zucht um 1°) und sauer (pH 4,5-6,5) sein. Temperatur um 25°C. Sonst „verschwinden“ Prachtguramis mittelfristig.

Ebenso wie geeignete Wasserbedingungen ist die Ernährung mit Lebendfutter zwingend erforderlich, da die Fische kaum an totes Futter zu gewöhnen sind und eine Wasserbelastung mit Lebendfutter besser zu vermeiden ist. Sehr feines Futter, wie Artemia (in kleinen Portionen, da Artemianauplien nach einigen Stunden absterben und den Nährböden für Fäulnis und Planarien bildet), Moina oder Cyclops sowie feine schwarze oder weiße Mückenlarven sind geeignet. Auch Grindal, Tubifex und rote Mückenlarven können sparsam und sporadisch gefüttert werden.

Oodinium kann auftreten und auch Zuchterfolge verhindern. Unbehandelt magern die Tiere langsam ab und sterben.

Verhalten

Parosphromenus harveyi lebt im Habitat in kolonieähnlichen Gemeinschaften, die durch das Zusammenfinden an ruhigeren, verkrauteten und nahrungsreichen Stellen entstehen. Meist ist hier fein strukturiertes Moos- oder Wurzelgeflecht zu finden, welches eine Vielzahl von Garnelen in allen Größenstadien als ständig verfügbare Nahrung beherbergt.

Männchen separieren sich zur Vermehrung und besetzen kleine Reviere im Bodensubstrat und an Uferunterständen in kleinen Höhlungen. Dorthin locken Sie Weibchen zum Laichen und pflegen die Brut 9-10 Tage bis zum Freischwimmen. Nach dem Freischwimmen der Jungen gibt es keine weitere Brutpflege. Prachtguramis zeigen sämtlich ein attraktives und höchst interessantes Balz- bzw. Fortpflanzungsverhalten.

Zucht

Sehr weiches (1°dGH) und saures (pH 4,5 -6,5) Wasser, paarweise Haltung im ruhigen Artaquarium und gute Fütterung mit z. B. Mückenlarven führt dazu, dass die Tiere meist über längerer Zeiträume wöchentlich ablaichen. Manchmal verschwinden die Eier der ersten Bruten. Offenbar müssen junge Männchen üben.

Es hat sich bewährt die Jungfische erst unmittelbar vor dem Freischwimmen abzusaugen oder die Brutröhre zu entnehmen bzw. die Eltern zu entfernen. Einzelne Jungfische können bei den Eltern aufwachsen, sofern das Aquarium verkrautet ist und ständig feines Lebendfutter gegeben wird.

Einen ausführlichen Überblick gibt der Artikel „P. deissneri“ von Dr. Walter Foersch (link).

Schwimmen die Jungfische erst frei, sind sie mit Mikro, auch direkt mit feinen Artemianauplien und Moinastadien aufzuziehen. Die Aufzucht der kleinen Bruten ist sehr langwierig aber nicht besonders schwierig. 25-30 geschlechtsreife Jungfische nach 7 Monaten sind allerdings ein Erfolg.

Häufig ist ein einseitig zugunsten von weiblichen Tieren verschobenes Geschlechterverhältnis zu beobachten. Zur Vermeidung ist der pH Wert bei der Aufzucht bei 5 und die Temperatur um 25°C. zu halten.

Besonderes

Barbara und Allan Brown fingen diesen Prachtgurami 1984 und 1985 bei Batu Arang ca. 50km nördlich von Kuala Lumpur / Malayische Halbinsel. Sie bemerkten die Nähe aber den farblichen Unterschied zu den Paros, die man damals Parosphromenus „deissneri“ nannte. Barbara Brown veröffentlichte eine Kurzbeschreibung in einem Aquarienmagazin mit Namensgebung. Damit war Parosphromenus harveyi als Art beschrieben. Der Artname ist Willi Harvey gewidmed, einem frühen Prachtguramizüchter in GB.

Parosphromenus harveyi ist die erste beschriebene Art einer sehr homogenen Gruppe von Prachtguramis. Damit ist er Namensgeber der Parosphromenus harveyi Gruppe, deren Formen einen typisch hochformatigen Körperquerschnitt, eine runde Schwanzflosse und regelmäßige Bänderung der unpaaren Flossen zeigen. Zur Parosphromenus harveyi Gruppe gehören:

  • Parosphromenus harveyi BROWN, 1987 (Westmalaysia/Selangor/Batu Arang, Tanjong Malim)
  • Parosphromenus bintan KOTTELAT & NG, 1998 (Indonesien/Bintan, Bangka)
  • Parosphromenus alfredi KOTTELAT & NG, 2005 (Westmalaysia/Johore/Kota Tinggi, Mawai, Sedili)
  • Parosphromenus opallios KOTTELAT & NG, 2005 (Indonesien/Kal.Tengah/Pankalanbuun, Sukamara Borneo)
  • Parosphromenus rubrimontis KOTTELAT & NG, 2005 (Westmalaysia/Perak/Bukit Merah)
  • Parosphromenus tweediei KOTTELAT & NG, 2005 (Westmalaysia/Johor/Pontian/Sri Bunian)
  • Parosphromenus phoenicurus SCHINDLER & LINKE, 2012 (Sumatra/Riau/Langgam)
  • Parosphromenus sp Batu Pahat / Ayer Hitam, eine unbeschriebene Art, die Dr. W. Foersch 1974 irrtümlich für Parosphromenus deissneri hielt
  • Parosphromenus sp. Endau Rompin, eine unbeschriebene Art, die zwischen alfredi und tweediei steht, ist wahrscheinlich identisch mit P. cf. alfredi Kajang
  • Parosphromenus sp. alfredi Kota Tinggi, die sehr ähnlich zu P. alfredi Sedili aussieht, der i. w. die hellen Ventralfilamente fehlen.

sowie weitere unbeschriebene, meist Parosphromenus bintan ähnliche Farbformen aus Westmalaisia, Simatra und Inseln des Riau-Archipels (Pulau Linggi, Bintan, Belitung, Bangka etc.) mit annähernd identischen Habitus.

Systematisch kann man die Arten und Formen

  • Parosphromenus allani Brown 1985 (Borneo/ Sarawak/ Sibu)
  • Parosphromenus barbarae 2019 (Borneo/ Sarawak/ Lund/ Sunggai Stungang)
  • Parosphromenus anjunganensis (Borneo/ Westkalimantan/ Anjungan/ Sunggai Pinjung)

aus Borneo zum erweiterten Parosphromenus harveyi Formenkreis zählen.

Parosphromenus harveyi kam durch Barbara und Allan Brown Ende der 1980er Jahre in die IGL. Auch Klaus Weißenberg fing Parosphromenus harveyi 1996 bei Tanjong Malim und brachte sie erneut nach Deutschland. Allerdings konnten sie nicht auf Dauer im Aquarienbestand erhalten werden. Die um 2010 in der Parosphromenus Project vorhandenen Parosphromenus harveyi gingen auf einen Import von Kobota zurück, die Tiere brachte Horst Linke 2007 aus Thailand mit. Wir (D. Fornoff, M. Hallmann) brachten 2020 Parosphromenus harveyi Batu Arang und Parosphromenus (cf.) harveyi NSF mit.

Parosphromenus harveyi-Männchen balzen in schräger „Kopf-unten -Stellung“ Weibchen an, Konkurrenten wird im Gegensatz dazu in fast waagerechter Körperhaltung imponiert.

Autor

Martin Hallmann, 23.02.2010 & 11.11.2022

Literatur

Martin Hallmann 2020: Der Makropode 4/2020

Informationsblatt

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