Parosphromenus phoenicurus
Vorkommen
Indonesien / Sumatra / Jambi / Langgam
Parosphromenus phoenicurus wurde im Frühjahr 2008 von Horst Linke, zusammen mit einigen anderen unbeschriebenen Formen, aus dem Jambi-Distrikt, Provinz Riau, auf Sumatra, Indonesien mitgebracht und nach der Ortschaft Langgam, in deren Nähe der Fundort lag, als Parosphromenus sp. Langam benannt.
Wie andere Paros bewohnt die Form langsam bis schnell fließende Gewässer mit sehr weichem, saurem, durch Torfsümpfe geprägtes Schwarzwasser. Zum Zeitpunkt der Aufsammlung während der Regenzeit betrug der pH-Wert 5,25 bei einer Leitfähigkeit von 7 μS/cm und einer Temperatur von 26,8°C. Außerdem war das Gewässer nur leicht bräunlich gefärbt. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass während der Trockenzeit das Wasser die typische, teebraune Farbe annimmt. Trotz ihres Vorkommens in fließendem Gewässer sind die Tiere aber keineswegs Freischwimmer, sondern leben in strömungsärmeren Bereichen, wie der Krautzone, angelehnt an die ins Wasser hängende Ufervegetation oder an flutende Pflanzenpolster, sowie in Tiefen um 1 bis 1,5 Meter zwischen Laub, Totholz, oder Wurzelwerk (vgl. Linke 2008 (5) S.64).
Beschreibung
Parosphromenus phoenicurus ist ein typischer Vertreter des Parosphromenus harveyi Formenkreises, hochformatig, längs gestreift und mit attraktiver, farbiger Bänderung in den unpaaren Flossen. Gesamtlängen um 4 cm werden in der Regel in beiden Geschlechtern erreicht.
Männchen in Prachtfärbung sind v.a. an Kopf und Bauch recht dunkel bis schwarz, wodurch ein starker Kontrast zu den hellen Längsstreifen entsteht. Die Bänderung in den unpaaren Flossen beginnt körpernah mit schwarz, welches fließend in ein rotes Band übergeht. Eine dünne türkis irisierende Linie bildet eine scharfe Kontur zum darauf folgenden, körperfernen, schwarzen Band. Gesäumt sind die Flossen abschließend noch von einem ebenfalls türkis irisierenden Rand. Die Bauchflossen sind türkis bis dunkelblau irisierend mit matt-schwarzem Hintergrund. Auffallend ist bei der kontrastreichen Prachtfärbung der Männchen v.a. das attraktive rote Band, das sehr an Parosphromenus tweediei aus Johore von der Malaiischen Halbinsel erinnert. Im Gegensatz zu Parosphromenus tweediei besitzen die Männchen allerdings meist (nicht immer und sind deshalb manchmal kaum zu unterscheiden!) eine leicht lanzettliche Caudale, die mit dem Alter der Tiere „weiter auswächst“. Insgesamt zeigen die Männchen relativ lange ausgezogene Flossen, wodurch beim Balzen ein komplett geschlossener Flossensaum entsteht. Bei einigen Individuen fallen außerdem die Filamente der Bauchflossen besonders lang aus (1,5 – 2 mal so lang wie die restliche Bauchflosse).
Die Geschlechter sind bereits im subadulten Stadium gut zu unterscheiden: Weibchen sind kurzflossiger, wirken insgesamt kompakter und zeigen, bis auf kleine golden irisierende Punkte an den Rändern der Rücken- und Afterflosse keinerlei irisierende Elemente in den unpaaren Flossen. V.a. die Schwanzflosse der Weibchen ist meist vollständig transparent und zeigt zwar rotbraune Sprenkel (mit der Taschenlampe erkennbar), nie aber eine regelmäßige Bänderzeichnung. Bei der Balz zeigen beide Geschlechter „sexy eyes“, wobei diese beim Weibchen besser zu erkennen sind, da die Männchen in Balzstimmung insgesamt sehr dunkle Augen zeigen. Bei den Weibchen verblasst zudem die Streifenzeichnung etwas, wodurch sie fast einfarbig hellbraun wirken.
Haltung
Um die Fische dauerhaft zu halten, sollte man ihnen keimarmes, weiches (bis max. 3° KH) und leicht saueres (pH 6) Wasser, sowie kleinere verkrautet (Ceratopteris, Javafarn, -moos) gestaltete (Art-) Aquarien bieten. Diese können mit einem schwachen Filter, wie z.B. Matten-, Lufthebefilter etc. ausgestattet sein, müssen es aber je nach Besatzdichte nicht unbedingt. Eine schwache Filterung mit leichter Oberflächenbewegung verhindert allerdings die Bildung einer Kahmhaut und sorgt für eine gleichmäßige Temperatur im Becken. Obwohl in den Biotop-Gewässern der Prachtguramis meist Temperaturen über 26°C gemessen werden, reichen 23°C bereits problemlos zur dauerhaften Haltung und sogar zur Zucht scheinen 24°C ideal zu sein. Bei diesen eher kühlen Temperaturen werden die Fische auch entsprechend älter.
Um unnötige Wasserbelastung zu vermeiden, sollte ausschließlich Lebendfutter gefüttert werden, da die Tiere nur sehr schwer bis gar nicht an Frostfutter zu gewöhnen sind. Hier kann von Artemianauplien über alle Sorten Mückenlarven, bis zu Moina und Grindal alles zum Einsatz kommen. Ein wenig Übung erfordert das Füttern mit Artemianauplien, da evtl. überschüssige, nicht gefressene Reste nach einigen Stunden absterben und am Boden die Grundlage für Fäulnis bilden.
Eine Vergesellschaftung mit kleinen friedlichen Fischen, wie z.B. Zwergbärblingen (Boraras maculatus, Boraras merah, Boraras brigittae, etc.) ist möglich, verhindert aber ggf. das Aufkommen von Jungfischen und sollte deshalb nur mit „überzähligen“ Tieren geschehen. Die Fütterung in solchen Aquarien erfordert allerdings ein wenig Fingerspitzengefühl, da Prachtguramis sehr zurückhaltende Fresser sind. In Gesellschaftsbecken mit großen, hektischen oder aggressiven Fischen würden die scheuen Paros dahinkümmern und letztlich eingehen.
Verhalten
Die Tiere zeigen ein ausgesprochen interessantes Balz und Brutpflegeverhalten. Der typische schmetterlingsartige Balztanz der Männchen, bei dem es oft nur für wenige Sekunden seine filigran gezeichneten Flossen in voller Pracht zeigt, ist ein echter „Hingucker“. Hierbei steht das Männchen meist schräg bzw. senkrecht mit dem Kopf nach unten dem Weibchen gegenüber und erzeugt mit zitternden Bewegungen Druckwellen, um dieses zu beeindrucken.
Bei ihren kleinen Territorialkonflikten um eine Höhle oder einen Unterstand drohen sich opponierende Männchen waagrecht an, wobei die Streifenzeichnung verblasst, der Bauch und die Flossen jedoch gefärbt bleiben. Sind die Konkurrenten ungefähr gleich stark, umkreisen sie sich gegenseitig mit gespannten Flossen. Hierbei werden nach Labyrinthermanier auch die Bauchflossen versetzt um die seitliche Fläche möglichst zu vergrößern und mit der äußeren Bauchflosse „gerudert“. Steht nach wenigen Umkreisungen noch kein Sieger fest, dreht eines der Tiere bei und versetzt dem Gegner einen Rammstoß, worauf dieser mit dem selben antwortet. Ganz selten kommt es zu Maulbeißen. Spätestens jetzt ist das Kräftemessen beendet und der Schwächere sucht das Weite. Zu ernsthaften Verletzung führt diese Art des Kräftemessens allerdings nie, selbst Flossenschäden sind hierbei die Ausnahme.
Zucht
Wie bei allen Prachtguramis sollte aufgrund der Seltenheit der Fische zumindest die extensive Zucht angestrebt werden. Dies funktioniert am besten im paarweisen Ansatz in kleinen bis kleinsten Aquarien (25l o. 12l), die mit Moorkienholz und Weichwasser-geeigneten Pflanzen wie Javafarn, Javamoos und Anubia strukturiert werden. Außerdem sollten zur Beschattung Schwimmpflanzen wie Salvinia natans und Ceratopteris thalictroides eingesetzt werden, die nebenbei helfen die Wasserqualität zu erhalten, indem sie dem Wasser verschiedene Abbauprodukte wie Nitrat und Ammonium entziehen. Wie oben beschrieben, kann hier auch schwach gefiltert werden.
Als Bruthöhle eignen sich Filmdöschen oder Tonhöhlen mit ca. 2,5 cm Durchmesser. Die Weibchen scheinen insgesamt eher enge Höhlen zu bevorzugen. Einige Blätter überbrühtes Buchen- und Eichenlaub auf dem Boden liegend, vermitteln den scheuen Fischen Sicherheit und geben den freischwimmenden Fischlarven für die ersten Tage die nötige Deckung. Darüber hinaus geben im Herbst gesammelte (Buchen- u. Eichen-) Blätter diverse, evtl. keimhemmende, Huminstoffe an das Wasser ab.
Bei der Zucht muss den Wasserwerten größere Beachtung geschenkt werden als bei der bloßen Haltung der Tiere: KH: nicht über 1°; Lf < 100μS/cm; pH: 4,5-5,5; da die empfindlichen Eier bei zu hoher KH nicht mehr an der Höhlendecke haften und sich dann nicht entwickeln. Der niedrige pH-Wert scheint für die Entwicklung der Larven nicht direkt nötig zu sein, sondern vielmehr die daraus resultierende Keimarmut. Um geeignetes Wasser zu erhalten hat sich der Einsatz einer „Torfkanone“ bewährt, über die man weiches Wasser (Reversosmose-, Regen-, oder leicht aufgehärtetes VE-Wasser) tröpfeln kann.
Setzt man ein geschlechtsreifes Pärchen in ein solches verkrautetes, relativ „kühles“ (23°C-25°C) Aquarium und füttert gut, z.B. mit Mückenlarven, beginnt dieses meist nach wenigen Stunden zu balzen und abzulaichen. Das Männchen lockt das Weibchen mit seinen Tänzen in die Höhle, wo es zur Paarung kommt. Beide Partner lesen die befruchteten Eier auf und kleben sie an die Höhlendecke, in das rudimentäre Schaumnest. Ab jetzt kümmert sich das Männchen um die sich entwickelnden Larven, während das Weibchen die nähere Höhlenumgebung bewacht. Wird das Weibchen weiterhin gut gefüttert, kommt es meist nach einer Woche, noch vor dem Freischwimmen der Larven zur erneuten Paarung. Das Paar hört oft erst auf, wöchentlich abzulaichen, wenn im Becken eine bestimmte Jungfischdichte erreicht ist.
Sollen die Larven separat aufgezogen werden, hat es sich bewährt, die Jungfische erst unmittelbar vor dem Freischwimmen (nach ca. 9-10 Tagen) abzusaugen oder die Brutröhre zu entnehmen bzw. die Eltern zu entfernen. Zur Fütterung der Jungfische empfehlen sich Artemianauplien, Mikrowürmchen und junge Moinastadien.
Besonderes
Parosphromenus phoenicurus gehört offensichtlich zu den schönsten neuen Prachtguramis, die Horst Linke 2008 in Sumatra gefangen und eingeführt hat. Die Ähnlichkeit zu Parosphromenus tweediei von (dem Fundort Langgam / Sumatra gegenüberliegenden) Johore im äußersten Süden der Malayischen Halbinsel ist frappierend und lässt einen gemeinsamen Vorfahren vermuten bzw. ein ehemals verbundenes Verbreitungsgebiet zu Eiszeiten (deutlich tieferliegenden Meeresspiegel in der die „Straße“ von Malakka einen Flusslauf darstellte).
Parosphromenus phoenicurus wurde zuvor als Parosphromenus sp. „Langgam“ geführt und konnte von Horst Linke 2008 aus Sumatra mitgebracht werden.
Ergänzung Martin Hallmann 12.11.2022:
Heute wissen wir nach Bekanntwerdung weiterer Fundortformen, dass auch Parosphromenus phoenicurus variabel ist oder auch hier eine Artengruppe ähnlicher Formen im Entwässerungssystem des Sungai Kampar/ Riau in Sumatra vorliegt. Es gibt von Parosphromenus phoenicurus (Langgam) abweichende Formen wie Parosphromenus cf. phoenicurus Sungai Pagar, Parosphromenus cf. phoenicurus CIP 2014 Dietzenbach, die gut dokumentiert sind.
Autor
Thomas Beu, 2011
Martin Hallmann, 12.11.2022
Literatur
• Linke, H. 2008. Neue Prachtguramis aus Indonesien. Aquarium Live. 2008-4: 12-17
• Linke, H. 2008. Neue Prachtguramis aus Indonesien – 2. Aquarium Live. 2008-5: 62-65
• Finke, P. 2006. Mein Paro-Rezept – über die Haltung und Zucht von Prachtguramis. Der Makropode 7-8/2006: 115-126 (PDF nur für Mitglieder)
• Peter Finke und Martin Hallmann Rodgau (Aqualog) 2013: Prachtguramis – Juwelen des Urwalds in der Natur und im Aquarium
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