Internationale Gemeinschaft für Labyrinthfische e.V.

Telefon: +49 152 28868116 | E-Mail: gf@igl-home.de

Parosphromenus sp. Ayer Hitam

Unbeschriebene Art
Vorschlag: Foerschs Prachtgurami

Vorkommen

Westmalaysia / Johor / terra typica: Ayer Hitam (ggf. erloschen) und Schwarzwasserkanal bei Batu Pahat (bis 2021 wurde gesammelt)

In kleinen Schwarzwasserbächen mit sauberem, weichem und sehr saurem, relativ kühlem Wasser. Bewohnt die Krautzone, wie überhängende Grasnarbe oder flutende Moos- und Wasserpflanzenpolster in mittleren Wasserschichten. Kein Oberflächenfisch oder Freischwimmer, sondern scheuer Bewohner des dichten Substrats.

Beschreibung

Als Gesamtlänge wird in beiden Geschlechtern bis 3,8 cm erreicht. Weibchen haben eine etwas gestauchtere Gestalt und sind kurzflossiger. Bei nicht ausgefärbten Fischen sollte man sich bei der Geschlechtsbestimmung von der langgestreckten Statur, dem Schillern der ausgezogenen Bauchflossen und den weißen Flossensäumen der Männchen leiten lassen (Taschenlampe). Bei ausgewachsenen Tieren ist die Form der Rückenflossen eindeutig (Weibchen: abgestutzt, Männchen: spitz und lang ausgezogen).

Beide Geschlechter zeigen in neutraler Stimmung schwarzbraune Längsstreifen und verwaschen gefärbte Flossen. In Agressions- und Laichstimmung mit ausgeprägtem Geschlechtsdichromatismus, Männchen mit weißen, irisierenden Säumen der unpaaren Flossen, lebhaft kontrastierende türkise Bänder (die türkisen werden häufig mit individueller Abweichung von Rotpigmenten (ggf. nahrungsabhängig) überlagert) in Dorsalis und Analis, in Caudalis rote und türkise Bänder, immer schwarze Außenbänderungen. Die körpernahen Flossenzonen sind dunkelrotbraun bis schwarz. Die Ventralen einfarbig schwarztürkis, dunkle Filamente (keine hellen wie Parosphromenus alfredi).

Der Körper des Männchens ist in Pracht längsgestreift, wobei die Kehle und der Bauch sehr dunkel wird. Die Bauchflossen der Männchen sind schillernd schwarztürkis gefärbt und haben meist lang ausgezogene, schwarze Filamente. Beide Geschlechter zeigen „Sexy-Eyes“ bei der Balz. Das Weibchen zeigt bei der Balz und beim Ablaichen eine vom Männchen extrem abweichende, streifenlose, beige Prachtfärbung mit transparent bis diffus gefärbten Flossen. Bei beiden Geschlechtern wird in Aggressionsstimmung der Körper streifenlos und die Flossen und der dunkle Bauch bleiben intensiv gefärbt.

Haltung

Die Haltung und (extensive) Vermehrung sollte in kleinen Artaquarien am besten paarweise erfolgen. Im Paaransatz im weitgehend „sterilen“ Aquarien (25 Liter) mit schwacher Filterung (Luftfilter mit schwacher Bewegung an der Oberfläche) bestehen die besten Voraussetzungen.

Da sie boden- bzw. substratorientiert leben sollte das Aquarium eine Mindesthöhe von 20cm aufweisen und „verkrautet“gestaltet sein. Hierzu bieten sich eine Schwimmpflanzendecke (Salvinia, Cetatophyllum), Bepflanzung mit Javamoos, Javafarn und Anubias sowie Moorholz zur Strukturierung und Dekoration an. Der Bodengrund kann mit einigen Buchen- oder Eichenblättern bedeckt sein. Man muss ein Maß finden, den scheuen Fischen Sicherheit zu vermitteln und andererseits noch kontrollieren zu können.

Eine Haltung in Gesellschaft ist möglich mit sehr kleinen Boraras (brigittae oder maculatus), sie nimmt den scheuen Paros die Angst. Eine dauerhafte Haltung in Vergesellschaftung ist jedoch schwierig und verlangt viel Erfahrung bzw. Fingerspitzengefühl bei der Fütterung.

Das Wasser muss zum dauerhaften Erhalt der Paros keimarm (25%ige Wasserwechsel alle 14 Tage), weich (KH 1-3°, zur Zucht um 1°) und sauer (pH 4,5-6,5) sein. Temperatur um 25°C. Sonst „verschwinden“ Prachtguramis mittelfristig.

Ebenso wie geeignete Wasserbedingungen ist die Ernährung mit Lebendfutter zwingend erforderlich, da die Fische kaum an totes Futter zu gewöhnen sind und eine Wasserbelastung mit Lebendfutter besser zu vermeiden ist. Sehr feines Futter, wie Artemia (sparsam, da Artemia nach einigen Stunden abstirbt und den Nährböden für Fäulnis und Planarien bildet), Moina oder Cyclops sowie feine schwarze oder weiße Mückenlarven sind geeignet. Auch Grindal, Tubifex und rote Mückenlarven können sparsam und sporadisch gefüttert werden.

Oodinium kann auftreten und auch Zuchterfolge verhindern. Unbehandelt magern die Tiere langsam ab und sterben.

Verhalten

Parosphromenus sp. Ayer Hitam/ Batu Pahat lebt im Habitat in kolonieähnlichen Gemeinschaften, die durch das Zusammenfinden an ruhigeren, verkrauteten und nahrungsreichen Stellen entstehen. Meist ist hier fein strukturiertes Moos- oder Wurzelgeflecht zu finden, welches eine Vielzahl von Garnelen in allen Größenstadien als ständig verfügbare Nahrung beherbergt. Männchen separieren sich zur Vermehrung und besetzen kleine Reviere im Bodensubstrat und an Uferunterständen in kleinen Höhlungen. Dorthin locken Sie Weibchen zum Laichen und pflegen die Brut 9-10 Tage bis zum Freischwimmen. Nach dem Freischwimmen der Jungen gibt es keine weitere Brutpflege.

Prachtguramis zeigen sämtlich ein attraktives und höchst interessantes Balz- bzw. Fortpflanzungsverhalten.

Zucht

Sehr weiches (1°dGH) und saures (pH 4,5 -5,5) Wasser, paarweise Haltung im ruhigen Artaquarium und gute Fütterung mit z. B. Mückenlarven führt dazu, dass die Tiere meist über längerer Zeiträume wöchentlich ablaichen. Manchmal verschwinden die Eier der ersten Bruten. Offenbar müssen junge Männchen üben.

Es hat sich bewährt die Jungfische erst unmittelbar vor dem Freischwimmen abzusaugen oder die Brutröhre zu entnehmen bzw. die Eltern zu entfernen. Einzelne Jungfische können bei den Eltern aufwachsen, sofern das Aquarium verkrautet ist und ständig feines Lebendfutter gegeben wird. Schwimmen die Jungfische erst frei, sind sie mit Mikro, auch direkt mit feinen Artemianauplien und Moinastadien aufzuziehen.

Die Aufzucht der kleinen Bruten ist sehr langwierig aber nicht besonders schwierig. 25-30 geschlechtsreife Jungfische nach 7 Monaten sind allerdings ein Erfolg.

Häufig ist ein einseitig zugunsten von weiblichen Tieren verschobenes Geschlechterverhältnis zu beobachten. Zur Vermeidung ist der pH Wert bei der Aufzucht bei 5 und die Temperatur um 25°C. zu halten.

Einen ausführlichen Überblick gibt der Artikel „Parosphromenus deissneri“ von Dr. Walter Foersch.

Besonderes

Parosphromenus sp. Ayer Hitam ist der am längsten und am besten dokumentierte Prachtgurami in der Aquaristik. Von Bekanntwerden um 1970 wurde die Form bis in die 1990er Jahre als Farbform von Parosphromenus deissneri verkannt. Erst durch die Neudefinition von Parosphromenus deissneri 1998 und die Beschreibung von Parosphromenus bintan 1998 durch Kottelat & Ng wurde klar, dass der Paro von Ayer Hitam nichts mit allen genannten und zwischenzeitlich (wieder-) beschriebenen Arten zu tun haben konnte. Bis heute ist die Form wissenschaftlich nicht abschließend bearbeitet, wohl weil er verschollen war und keine Typen vorhanden waren. Kottelat & Ng ordneten Parosphromenus sp. Ayer Hitam und naheliegende andere alte Fundortformen (Lake Chin Chin) irrtümlich dem Taxon Parosphromenus tweediei zu. Er gehört jedoch zur Parosphromenus harveyi Formengruppe mit dem typisch hochformatigen Körperquerschnitt und regelmäßigen Bänderungen der unpaaren Flossen.

Die genetische Trennung zu Parosphromenus rubrimontis, Parosphromenus alfredi und auch Parosphromenus tweediei ist noch unklar, die optische ist gut nachvollziehbar (siehe Bilder).

Zwischenzeitlich ist auch das Rätsel um den verschollen geglaubten Parosphromenus sp. Ayer Hitam gelöst: Dieser wurde 2016 von unseren malaiischen Freunden um Kim und Zahar Zakaria bei Batu Pahat im vermutlich gleichen Entwässerungssystem, in dem sie Dietrich Schaller 1970 gesammelt hatte, wiederentdeckt. Dies nachdem die Form, die Dr. Walter Foersch und die Welt bis 1998 irrtümlich für eine Farbform von Parosphromenus deissneri hielten, für fast 40 Jahre verschollen war. Heute wissen wir: Bei Parosphromenus sp. Ayer Hitam (= Parosphromenus sp. Batu Pahat) handelt es sich um eine unbeschriebene Art aus dem Südwesten der malaiischen Halbinsel mit Verbreitungsgebiet zwischen dem der beschriebenen Arten Parosphromenus harveyi im Norden und Parosphromenus tweediei im Süden. In wie weit genetischer Kontakt zu den ähnlichen Formen  im Landesinneren (Parosphromenus sp. Kahang, Parosphromenus cf. alfredi Kota Tinggi, Parosphromenus sp. Endau Rompin) besteht bzw. bestand, ist unklar.

Seit Wiederentdeckung an einem weiteren Fundort bei Batu Pahat ist er in weitgehend sicherem Bestand in der IGL bzw. der Parogruppe vertreten. In der Beschreibung wurden auch Prachtguramis von den nördlicher liegenden Fundorten bei Mallaca und Ayer Hitam m. E. irrtümlich Parosphromenus tweediei zugeordnet. Bei den Paros von Schaller bzw. Foersch handelt sich um ein Zwischenglied von Parosphromenus tweediei und Parosphromenus rubrimontis. Die Form von Ayer Hitam wurde von Dietrich Schaller 1969 gefangen und durch Dr. Walter Foersch (2teiliger Zuchtbericht in der DATZ) und später H.-J. Richter (Laichserie) hervorragend dokumentiert. Sie waren die ersten aquaristisch bekannten Paros.

Foerschs Prachtgurami war (und das wissen wir heute durch den Vergleich zu später erforschten Arten) und ist eine der einfachen und farbenprächtigen Formen. Er ist aquaristisch nicht schwierig und relativ einfach zu vermehren.   


Das bekannte Bild von Walter Foersch aus den 1970er Jahren wurde Parosphromenus deissneri zugeordnet.


Dieses Foto wurde 2016 aufgenommen und zeigt Tiere vom Fundort Batu Pahat.

Autor

Martin Hallmann, 12.11.2022

Literatur

Dr. Walter Foersch in mehreren Artikeln zu Parosphromenus deissneri in der DATZ und weiteren Aquarienmagazinen, 1971-1975

Richter „Das Buch der Labyrinthfische 1975

Mayland „Labyrinthfische“

Informationsblatt

No Comments

Post a Comment