Internationale Gemeinschaft für Labyrinthfische e.V.

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Parosphromenus paludicola

Sumpf-Prachtgurami
TWEEDIE, 1952

Vorkommen

Sehr ausgedehnte, weiträumige Verbreitung im Nordosten der malayischen Halbinsel (Provinz Terengganu), die sogar das große nördlich liegende Sumpfgebiet bei Sunggai Golok in Südthailand erreicht. Damit ist Parosphromenus paludicola die einzige Prachtguramiart, welche in Südthailand vorkommt. Innerhalb dieses Gesamtverbreitungsraumes finden sich viele heute mehr oder weniger isolierte und farblich abweichende Teilpopulationen, von denen einige bereits privat oder kommerziell importiert worden sind (z.B. von Terengganu i.e.S., Merchang, Kota Bharu, Wakaf Tapei, „Süd-Thailand“ u.a.). Sie sollten auseinander gehalten werden.

Lebensraum: Die von anderen Prachtguramis deutlich abweichende Färbung der Art mit dem nahezu völligen Fehlen von Leuchtfarben zeigt, dass der Schwerpunkt der Verbreitung nicht im Schwarzwasser liegt. Die Tiere gehen zwar auch in Schwarzwasserbereiche hinein, halten sich aber im Unterschied zu anderen Paros auch in Klarwasserzonen und überwiegend in Übergangsbereichen auf. Sie bevorzugen hellere Biotope als ihre Gattungsgenossen. Ihre Anpassungsfähigkeit an anthropogen überformte Gewässer (Straßenrandkanäle, Aufstauungen, teichartige Strukturen) ist deshalb größer als bei den meisten anderen Paro-Arten.

Gefährdung: Wegen der tlw. anderen Lebensraumansprüche geringer als bei anderen Prachtgurami-Arten, aber dennoch wegen der allgemeinen Biotopzerstörung insgesamt durchaus stark, bei einzelnen Farb- bzw. Lokalvarianten u.U. wegen der Begrenztheit des Lokalvorkommens sogar sehr stark. Teile des ursprünglichen Verbreitungsgebietes sind für die Art nicht mehr bewohnbar, mit negativer Tendenz.

Beschreibung

Die Tiere wirken besonders im männlichen Geschlecht „langgezogener“ als die meisten anderen Paros. Die ausgesprochen lange Dorsale (XVII – XIX, 5-7, Total 22- 25) unterscheidet die Tiere von allen anderen bekannten Prachtguramis, auch solchen mit ebenfalls langer Dorsale (insbes. quindecim, aber auch deissneri und filamentosus). Ferner ist das fast völlige Fehlen von Leuchtfarben in den unpaaren Flossen ein eindeutiges Artkennzeichen. Lediglich in der Anale zeigen manche Formen fluoreszierende Muster, die aber nie so stark begrenzt sind wie bei vielen anderen Arten.

Wegen der anderen Körper- und Flossenstruktur sind auch weibliche Tiere von den Weibchen anderer Prachtguramiarten gut zu unterscheiden. Im Gegensatz zu Weibchen anderer Prachtgurami-Arten aufgrund der struktuellen Unterschiede in der Flossenformel. Der Unterschied in der Körperform ist ebenfalls gegeben, aber nicht immer auffällig. Die Balzfärbung des Weibchens wird bei den meisten Lokalformen nicht so extrem blassbeige-gelblich wie bei vielen anderen Arten. Bei der Form von Wakaf Tapei gibt es die für die gesamte Gattung einmalige Besonderheit: Das Weibchen ist in der Balz eher dunkel, es wirkt teilweise sogar schwärzlich. Dies könnte mindestens ein Subspecies-Indikator sein, vielleicht sogar (wie J. Vierke meint) eigenen Artstatus anzeigen. Ich vermute, dass hier zumindest ein Artbildungsprozess im Gange ist.

Aufgrund der von allen anderen Arten der Gattung abweichenden Färbung, der gestreckteren Körper- und der einmaligen Flossenstruktur ist das Verwechslungsrisiko sehr gering.

Obwoh Parospheomenus paludicola der Sonderling der Gattung Parosphromenus ist, rechtfertigt dies aber wohl keine Gattungsaufspaltung. Grundsätzlich ist der Artstatus wegen der besonderen Strukturmerkmale sicher. Mindestens eine bekannte Lokalform (Fundort „Wakaf Tapei“) ist allerdings wahrscheinlich eine Subspecies, mindestens eine Semispecies, vielleicht sogar eine eigenständige Art (s.u.).

Innerhalb der strukturellen Artmerkmalsbreite ist Parosphromenus paludicola eine vor allem bei der Männchen-Färbung und Körpergestalt sehr variable Art. Alle Tiere zeigen Pastellfarben in unterschiedlicher Ausprägung. Es gibt Tiere mit überwiegend bräunlich-beigefarbenem, andere mit bläulich-rosafarbenem, aber auch solche mit braunrötlichem oder fast rotem PK. Außerdem sind die Tiere der meisten Populationen eher langgestreckt-schlank, während andere eher gedrungen-hochrückig aussehen. Die Ventralen der Männchen besitzen sehr lange Filamente. Die Caudalen mancher Männchen sind ebenfalls ausgesprochen oval oder dreieckig langgezogen mit mehreren Filamenten, während andere eher rundlich mit lediglich einem mittleren Filamentstrahl sind (z.B. Wakaf Tapei).

Haltung

In der Regel ist Parosphromenus paludicola einer der am wenigsten anspruchsvollen Prachtguramis, da er nicht unbedingt auf die Simulation von reinen Schwarzwasserverhältnissen angewiesen ist. Die Art ist daher zusammen mit Parosphromenus linkei oder Parosphromenus filamentosus besonders gut für Anfänger in der Prachtgurami-Aquaristik geeignet.

Die Leitfähigkeit des Wassers sollte unter 100 Mikrosiemens/cm liegen, ein Wert zwischen 30 und 50 gilt als ideal. Der pH-Wert kann zwischen 4,0 und 6,5 liegen; entscheidend ist nicht die Höhe des Wertes, sondern die daraus resultierende Keimminderung. Die Hinzufügung von Huminstoffen oder huminsäure-absondernden Materialien ist hilfreich. Dass die Art nicht vordringlich in reinem Schwarzwasser vorkommt, bedeutet nicht, dass auf Huminstoffe völlig verzichtet werden kann.

Parosphromenus paludicola Gelege können zu den größten in der Gattung gehören (bis über 100 Eier). Es wird ein Schaumnest gebaut, allerdings bleibt es rudimentär. Die abweichende Form von Wakaf Tapei ist weniger produktiv und etwas hinfälliger als die anderen Formen.

Wegen des Fehlens auffälliger, kräftiger Farben gilt Parosphromenus paludicola manchmal als weniger attraktiv, eine Einschätzung, die Kenner überhaupt nicht teilen können. Eine Vergesellschaftung ist wegen der geringer ausgeprägten Spezialansprüche eher als bei den meisten anderen Paro-Arten möglich. Sogar die Vergesellschaftung mit anderen Prachtguramiarten ist hier relativ problemlos, da die Männchen auch im Normalkleid und selbst die Weibchen wegen ihrer strukturellen Besonderheiten gut von den Tieren anderer Arten unterschieden werden können. Zudem stehen die weniger extremen Wasserwerte einer Vergesellschaftung nicht entgegen. Allerdings kommen, wie bei allen Prachtguramis, hierfür nur kleine und ruhige Fische infrage. Wenn diese sehr beweglich sind, sollten sie besonders klein und vollständig friedlich sein (z.B. ein Trupp Boraras). Nachwuchs kommt in diesen Fällen kaum auf. Insofern stellt sich die Frage, ob solche Vergesellschaftungen sinnvoll sind.

Verhalten

Waagerecht-Balzer. Die Unterschiede zwischen Schlichtkleid und Prachtkleid sind bei dieser Art weniger ausgeprägt als bei allen anderen Prachtguramiarten. Dennoch gibt es sie: Die Längsstreifung des Schlichtkleids verschwindet bei beiden Geschlechtern während der Balz (fast) vollständig. Die „sexy-eyes“ sind vor allem beim Weibchen stark ausgeprägt. Höhlen am Boden, auf halber Höhe oder an der Wasseroberfläche werden gleich gern angenommen, wenn sie nicht zu klein oder zu geräumig sind. Filmdöschen reichen bereits aus. P. Finke beobachtete einmal nach dem Tod eines Männchens eine rudimentäre Brutpflege des Weibchens, die aber nicht zu Ende geführt wurde.

Zucht

Die Vermehrung unterscheidet sich nicht von anderen Prachtgurami Arten.

Besonderes

Auf die Strukturmerkmale der Art und die Unterschiede der Form spec. Wakaf Tapei gegenüber anderen paludicola-Formen wurde bereits hingewiesen.

Parosphroenus paludicola war nach Bleekers Erstfund des von ihm „deissneri“ genannten Fisches (eines Weibchens, 1859 auf Bangka) und der in großen Zeitabständen seither dokumentierten Zufallsfunde angeblich der gleichen Art in Westmalaysia, auf Borneo und Sumatra (de facto wissen wir heute, dass es zumindest zum Teil andere Arten/Formen gewesen sein müssen) die zweite, wegen ihrer strukturellen Besonderheiten eindeutig als eigenständig zu erkennende Art, die erst um 1950 vom damaligen zoologischen Kustos des Raffles Museums, M.W.F. Tweedei, im Raum Terengganu gefunden und dann 1952 erstbeschrieben wurde. Sie blieb danach viele Jahre unbeachtet und wurde nicht erneut gefangen, sodass die damaligen aquaristischen Fachbücher sie entweder gar nicht erwähnten oder aber sich teilweise bis in die achtziger Jahre hinein mit ungefähren Zeichnungen und Vermutungen begnügen mussten. 1977 ist sie von Peter Nagyi de Felsö Gör (Salzburg) erstmals nach Europa eingeführt und hier vermehrt worden.

Die Art ist vor den neunziger Jahren offenbar nie kommerziell gehandelt worden, seither gab es aber mehrfach kommerzielle Importe in Mittel- und Westeuropa, meist unter falschem Namen („deissneri“). Parosphromenus paludicola wird aber noch immer sehr selten gehandelt. Die von der Nominatform deutlich abweichende Form Wakaf Tapei ist erst nach dem Jahre 2000 von B. und A. Brown privat gefangen und mit nach Europa gebracht, vermehrt und auch in der IGL verteilt worden. Im kommerziellen Handel ist sie bisher nicht aufgetaucht. Der gesamte gegenwärtig vorhandene Bestand dieser Form geht auf jene kleine Fangpopulation Browns zurück.

Erstbeschreibung: M.W.F. Tweedei 1952: Notes on Malayan fresh-water fishes.3. The ananbantoid fishes.4. Some new and interesting records. 5. Malay names. Bulletin of the Raffles Museum, 24:63-95.

Der deutsche Name Sumpf-Prachtgurami leites sich aus dem lateinischen Namen ab: paludicola = Sümpfe bewohnend. Der wegen seines Erstbeschreibers früher auch gelegentlich verwendete Name „Tweedies Prachtgurami“ sollte nicht mehr gebraucht werden, seit Kottelat und Ng 2005 eine andere Art zu Ehren Tweedies als Pasrosphromenu tweediei beschrieben haben. Englischer Name: Swamp licorice gourami.

Autor

Prof. Dr. Peter Finke, 2010

Literatur

Literatur
• P. Finke 2005: Erfahrungen mit Parosphromenus paludicola. Der Makropode 5/6 (2005): 101-104 (PDF nur für Mitglieder)
• Peter Finke und Martin Hallmann Rodgau (Aqualog) 2013: Prachtguramis – Juwelen des Urwalds in der Natur und im Aquarium
• H.-J. Mayland 1980: Labyrinthfische. Minden (Philler) 1980, darin S. 109-110.
• P. Nagy 1979: Ein aquaristisches Loch – Parosphromenus paludicola. Aquarienmagazin 13: 567-571
• P. Nagy 1980: Erste Zuchterfolge mit dem Labyrinthfisch Parosphromenus paludicola. Das Aquarium 135: 459-463
• H. Pinter 1984: Labyrinthfische, Hechtköpfe und Schlangenkopffische. Stuttgart (Ulmer) 1984, darin S. 128.
• H.-J. Richter 1979: Das Buch der Labyrinthfische. Berlin-Basel-Wien (Neumann-Neudamm) 1979, darin S. 82.
• J. Vierke 1978: Labyrinthfische und verwandte Arten. Wuppertal (Pfriem) 1978, darin S. 84.

Externe Links
• Charles Drew: A Spawning report
• Günter Kopics Seite
• www.Fischreisen.de (Dr. Jörg Vierke)
• www.Fischverhalten.de (Dr. Jörg Vierke)
• www.parobuch.de (Prof. Dr. Peter Finke und Martin Hallmann)
• www.parosphromenus-project.org/de

Informationsblatt

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